Steuerzahlergedenktag – so wenig bleibt mittlerweile vom Gehalt übrig
Seit diesem Mittwoch hat für die deutschen Steuerzahler eine neue Zeitrechnung begonnen. Sie werden es nur nicht gemerkt haben. Nach Angaben des Bundes der Steuerzahler (BdSt) arbeiten die Bundesbürger – ab dem 12. Juli und bis Ende dieses Jahres – wieder für den eigenen Geldbeutel (seit 5:12 Uhr, wenn ihr es ganz genau wissen wollt). Das gesamte Einkommen, das sie zuvor erwirtschaftet haben, mussten sie rein rechnerisch in Form von Steuern und Abgaben an die öffentliche Hand abführen. Den 12. Juli hat der BdSt daher zum “Steuerzahlergedenktag” ernannt – um öffentlichkeitswirksam auf die in Deutschland sehr hohe Steuerlast aufmerksam zu machen.
Wie der Bund der Steuerzahler auf den 12. Juli kommt? Weil ein deutscher Arbeitnehmerhaushalt im Durchschnitt 52,7 % seines Bruttoeinkommens als Steuern und Abgaben abdrücken muss. Von einem Euro bleiben also nur 47,3 Cent übrig. Der BdSt bezieht sich auf Daten des Statistischen Bundesamts über Einnahmen und Ausgaben befragter Privathaushalte im Jahr 2021, welche auf dieses Jahr hochgerechnet werden. Demnach besteht ein durchschnittlicher Arbeitnehmerhaushalt aus 2,3 Personen und verdient ein monatliches Gesamteinkommen von 7113 EUR.
Beispielrechnung für einen Haushalt
Von diesem “Kuchen” bleibt dem Haushalt nicht mal die Hälfte übrig. 2254 EUR Sozialversicherungsabgaben, 855 EUR Einkommenssteuer, 637 EUR indirekte Steuern und “Quasisteuern” (Rundfunkbeitrag, Umsatzsteuer etc.) gehen an den Staat. Dem Haushalt bleiben 3364 EUR, während 3746 EUR als Steuern und Abgaben einkassiert werden.
Immerhin: Im Vorjahresvergleich ist die Belastung um 0,3 Prozentpunkte gesunken, so der Bund der Steuerzahler. Dies liege zum Beispiel “an der reduzierten Mehrwertsteuer auf Erdgas und Fernwärme, an rückläufigen Immobiliensätzen und damit sinkenden Grunderwerbsteuern sowie an der abgeschafften EEG-Umlage.” Dennoch ist die Kritik des BdSt an der Bundesregierung scharf.
Das fordert der Bund der Steuerzahler
“Wir [haben] es mit einer drastischen Belastung zu tun! Etliche Faktoren erhöhen nämlich die diesjährige Belastungsquote: So führen die historisch hohen Inflationsraten zu steigenden Verbraucherpreisen und damit zu größeren Mehrwertsteuer-Lasten. Hinzu kommen die gestiegenen Beitragssätze im Bereich der Sozialversicherungen”, sagt BdSt-Präsident Reiner Holznagel und führt fort: “Vor allem aber ist die kalte Progression nicht ausreichend abgebaut worden. Heißt: Der Einkommensteuertarif 2023 berücksichtigt nicht die Inflation, die 2023 tatsächlich erwartet wird. Stattdessen hat sich das Inflationsausgleichsgesetz hier nur an der Inflation des Jahres 2022 orientiert.”
Holznagel hat drei konkrete Forderungen an die Bundesregierung
1. „Vor allem mit Blick auf die aktuelle Rekordinflation ist es dringend nötig, die kalte Progression im Einkommensteuerrecht vollständig abzubauen. Der Staat darf hier nicht zum Inflationsgewinner werden! Künftig sollte die – zu erwartende – Inflation des laufenden Jahres im Einkommensteuertarif des laufenden Jahres berücksichtigt werden und nicht nur die Vorjahresinflation!“
2. „Die drastische Entwicklung bei den Energiepreisen macht vor allem zwei Reformen immer dringlicher: Bei Strom sollte künftig der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für lebensnotwendige Güter gelten. Zudem müsste der im EU-Vergleich hohe Stromsteuersatz in Deutschland reduziert werden. Dass die Mehrwertsteuersätze im Heizungsbereich gesenkt worden sind, ist schon ein Teilerfolg unserer Arbeit.“
3. „Mittelfristig brauchen wir eine durchgreifende Reform für den Einkommensteuertarif vor allem zugunsten der Mittelschicht. Politisches Ziel muss sein, die Belastungsquote unter die 50-%-Marke zu drücken! Ein echter Schritt in diese Richtung wäre die von unserem Deutschen Steuerzahlerinstitut vorgeschlagene Einkommensteuerreform.“
Kritik am Steuerzahlergedenktag
Der Steuerzahlergedenktag trifft nicht nur auf Zustimmung. Der Bund der Steuerzahler inszeniere “sich gerne als steuer- und finanzpolitisches Gewissen der Nation“, meint Stefan Bach, der Steuerexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Der BdSt vertritt vor allem die Besserverdiener und bezieht Sozialabgaben in seine Rechnung mit ein, die keine Steuern seien, so Bach. Außerdem werden mit den Steuergeldern beispielsweise Straßen, Schulen, die Bundeswehr, Krankenhäuser und Renten finanziert, argumentiert der Steuerexperte. BdSt-Präsident Holznagel negiert dies nicht. Mit Steuern werde hierzulande viel Sinnvolles geschaffen, allerdings könne es nicht sein, dass “immer noch mehr als die Hälfte des von Arbeitnehmern erwirtschafteten Einkommens staatlich umverteilt und verwaltet wird – trotz aller politischen Entlastungspakete.”
Ihr wollt wissen, wie ihr im Belastungsvergleich abschneidet? Mit dem BdSt-Online-Rechner kann man seinen “individuellen Steuerzahlergedenktag 2023” ausrechnen: www.steuerzahler.de/steuerzahlergedenktag
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