Silicon Valley Bank – Die Entwicklungen im Überblick
Hallo liebe Goldesel Community,
mit der gescheiterten Refinanzierung der Silicon Valley Bank (SVB) geht ein kleines Beben durch die Märkte. Der Blick auf die Inflations- und Arbeitsmarktdaten hat sich schnell hin zu den Banken gedreht. Die Kurse hier sind zuletzt deutlich gefallen. Vor allem Regionalbanken stehen unter starkem Druck, es gibt erste Anzeichen von Bankruns, weil auch hier Befürchtungen aufkommen, dass diese ähnlich wie die SVB insolvent gehen könnten. Die große Frage aktuell ist: Wird es ein Flächenbrand mit weiteren Pleiten geben oder beruhigt sich die Lage wieder?
Den Stress im System zeigen neben den Schwachen Aktienindizes auch die Flucht in Anleihen als sicheren Hafen: Die Rendite 2-jähriger US-Staatsanleihen fiel am Freitag um 31 Basispunkte auf 4,59 % und ist damit in zwei Sitzungen um einen halben Prozentpunkt gefallen. Dies ist der stärkste Rückgang seit 2008. Der CNN Fear & Greed Indikator war vor kurzen noch im Greed Bereich, jetzt sind wir innerhalb weniger Tage wieder zurück in der “extreme fear”. Die Stimmungsschwankungen zuletzt sind extrem und zeigen die Unsicherheit im Markt
Bankaktien im Überblick
Der Weg in die Pleite der SVB
Die Aktie der Silicon Valley Bank war am Freitag ausgesetzt worden, nachdem die US-Einlagensicherung FDIC gemeldet hat, die Kontrolle über die Bank übernommen zu haben. Grund war, dass Kunden zuvor aus Angst vor einer Pleite riesige Summen von der Bank abgezogen haben. 42 Mrd. USD sollen es innerhalb kurzer Zeit gewesen sein, nachdem große Risikokapitalgeber wie Union Square Ventures oder VCs wie Peter Thiel ihre Portfoliounternehmen aufgerufen haben, Gelder möglichst abzuziehen. Zuvor hatte das Unternehmen noch versucht, neues Kapital in Höhe von 1,8 Mrd. USD aufzunehmen um eine Finanzierungslücke von gut 2 Mrd. zu decken, die bei Anleiheverkäufen aufgetreten ist.
Das Problem, welches prinzipiell bei allen Banken auftreten kann, welche Liquidität benötigen ist, dass Notverkäufe bei Anleihen große Verluste mit sich bringen können, da die Anleihekurse stark gefallen sind. In den Bilanzen muss man die Verluste nicht ausweisen, da man sie einfach bis Laufzeitende halten kann. Verkauft man diese aber vor Laufzeitende, werden aus “Buchverlusten” reale Verluste. Bei der Silicon Valley Bank sind die Einlagen zuletzt geschrumpft sind, da Startups für Gehälter und Co viel Kapital benötigt haben und gleichzeitig keine neuen Einlagen in entsprechender Höhe dazukamen. Dadurch kam die Bank immer stärker unter Druck bis hin zur Pleite. Die Angst ist jetzt groß, dass es auch weitere, kleinere Banken treffen kann, die nicht so breit aufgestellt sind wie z.B. eine JP Morgan. Auslöser des Stresses im Bankensektor sind die historisch schnell gestiegenen Zinsen in Kombination mit dem Bilanzabbau der FED – die Geldmenge sinkt dadurch. Extrem negativer Beigeschmack: Das Management hat sich im Februar noch in großem Stil von Aktien getrennt, auch wurden zuvor wohl noch größere Boni ausgezahlt.
Man sieht hier wieder: Das Bankensystem beruht auf Vertrauen. Wenn dieses schwindet kann eine Bank sehr schnell kippen. Die Silicon Valley Bank war kein kleiner Player, sondern war hoch angesehen und immerhin die 16. größte Bank der USA mit 175 Mrd. USD an Einlagen. Viele Startups, größere Investoren und Unternehmen haben dort ihre Konten und wissen jetzt nicht, wann und ob sie Zugriff auf die Gelder haben. Laut Berichten waren rund 97% der Gelder nicht versichert, diese Einlagensicherung gilt nur bis zu Beträgen von 250.000 USD. Viele Unternehmen hatten aber Millionen an US-Dollar auf den Konten. Bei Roku sollen es z.B. 25% des Cashbestands gewesen sein, (487 Mio. USD). Jetzt kommen die Unternehmen erstmal nicht mehr an dieses Geld.
Learning: Weder als Unternehmen, noch als Privatperson sein ganzes Geld bei einer Bank parken, sondern Kapital und damit Risiken streuen.
Auswirkungen auf Startups und Unternehmen und die Börse
Die Silicon Valley Bank war einer der wichtigsten Geldgeber für Startups, diese haben teils ihr gesamtes Geld dort gehabt und können ab Montag dann teilweise keine Löhne bzw. Rechnungen zahlen, da aktuell nicht klar ist, wann und ob man Zugriff hat. Auch andere Unternehmen sind betroffen. Etsy z.B. war Kunde dort, Auszahlungen an Kunden sind durch die Pleite betroffen bzw. verzögert.
Sofern es hier also keine schnelle Lösung gibt droht vielen Startups das aus. Die Folge wären Massenentlassungen und schwere Schäden für das Tech-Ökosystem, da die Bank wie gesagt einer der wichtigsten Finanziers für Startups war.
Ausweg aus der Krise
Die Nervosität bei Kunden und Investoren ist aktuell sehr groß, auf Twitter melden sich auch Hedgefondsmanager wie Bill Ackmann zu Wort und warnen vor systemischen Risiken. Er erwartet Montag einen Bankrun, wenn die Einlagensicherung nicht systemweit die Einlagen garantiert.
Die US-Notenbank hat schon reagiert und für Montag eine Sitzung einberufen. Zudem gibt es Berichte, dass offenbar ein Notfall-Fonds eingerichtet werden soll. Damit soll die Ansteckungsgefahr bzw. Auswirkungen auf andere Banken und insbesondere eine Panik verhindert werden. Gespräche zwischen Aufsichtsbehörden und Führungskräften aus dem Bankensektor laufen aktuell, ich denke vor Handelsstart morgen wird es hier nähere Details geben. Viele der betroffenen Regionalbanken sagten, ihre Einlagen und Liquidität seien robust. Aber: Was sollen sie auch sonst sagen? Keine Bank wird zugegeben, in Problemen zu stecken. Denn tut sie das würde das sofort zu einer Panik führen. Auf Twitter gibt es viele Bilder und Videos, wo schon jetzt lange Schlangen vor den Banken zu sehen sind.
Fakt ist: Die versicherten 250.000 USD sind wohl selbst für Startups deutlich zu wenig, um die Geschäfte weiterzuführen. Die britische Regierung schnürt bereits ein Hilfspaket für betroffene Kunden. Es muss hier als eine Lösung her, sonst kann es wirklich ein Flächenbrand geben. Dem ist sich die US-Regierung, bzw. FED und FDIC wohl bewusst und wird vor Handelsstart wohl mit Maßnahmen versuchen, die Lage zu beruhigen.
Insgesamt ist die Lage aber trotzdem verzwickt. Denn Zinssenkungen sind wegen der laut FED weiter zu hohen Inflation nicht möglich, sonst würde sie sich komplett unglaubwürdig machen. Andere Mittel wie ein Notfallfonds oder Garantien sind also nötig. Ich kann mir insgesamt aber nicht vorstellen, dass die Regulierer die Lage hier außer Kontrolle geraten lassen wollen. Eine weitere Möglichkeit wäre auch, dass die SVB doch noch von einer großen Bank übernommen wird. Die Suche nach einem Käufer läuft angeblich auch auf Hochtouren.
Bis vor Handelsstart wird es wohl noch weitere, neue Entwicklungen geben, die IG-Wochenendindikationen deuten bisher keine Panik an. Wir sind am Freitag mit den Tradingdepots komplett in Cash gegangen und warten jetzt erstmal ab, wie sich die Sache weiter entwickelt. Mit dem schwachen Freitag wirken die Indizes jetzt wieder angeschlagen, sollte aber eine Rettung kommen bzw. Vertrauen in die Bankaktien ist auch ein schneller, kräftiger Rebound möglich. Man muss die Entwicklungen jetzt weiter eng verfolgen. Der Schuss kann, wie man so schön sagt, in beide Richtungen gehen ..
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