Warum Shortseller Fraser Perring gegen Medical Properties Trust wettet
Fraser Perring ist einer der bekanntesten Shortseller unserer Zeit. Mit seiner Forschungsgruppe Viceroy Research trug er zur Aufdeckung des Wirecard-Skandals bei und brachte beispielsweise Grenke, Steinhoff und die Adler Group ins Wanken. Nun haben der Shortseller und seine Forschungsgruppe einen Liebling vieler Dividenden-Jäger ins Visier genommen: den REIT Medical Properties Trust (Ticker: MPW). In einem mehr als 30 Seiten langen Shortreport werden vermeintliche Bilanzrisiken dokumentiert, die Perring zu einem vernichtenden Urteil bringen.
Healthcare-REIT mit stattlicher Dividende
Medical Properties ist ein Immobilien-Trust (REIT), der sich auf den Erwerb und die Entwicklung von vermieteten Gesundheitseinrichtungen, vor allem Krankenhäuser, spezialisiert hat. Medical Properties ist ein sogenannter NNN- oder Triple-Net-Lease-REIT. Die Besonderheit hierbei: Die Mieter einer Immobilie müssen für alle immobilien- und betriebsbezogenen Ausgaben wie Steuern, Versicherungen und Instandhaltungskosten aufkommen. Darüber hinaus sind die Mieter in den meisten Fällen auch dafür verantwortlich, die Immobilie in gutem Zustand zu halten und Reparaturen/Umbauten durchzuführen. Daher dienen Triple-Net-Lease-REITs eher als “Finanzierungs-Unternehmen”.
Folglich haben NNN-REITs im Idealfall einen starken und beständigen Einkommensstrom, niedrige Fremdkapitalkosten, eine starke Bilanz und bestechen durch beständige und meist hohe Dividendenzahlungen. Genau diese Dividendenzahlungen machen Medical Properties zu einer beliebten Beute von Dividenden-Jägern: Aktuelle wartet MPW mit einer Dividendenrendite von 9-10 % auf und die Dividende wurde immerhin in den letzten 13 Jahren nicht gesenkt.
Das Portfolio von Medical Properties umfasst momentan fast 440 Komplexe und ist über mehrere Länder diversifiziert. Im Besitz sind Immobilien in den USA, Australien, Deutschland, Italien, Spanien, der Schweiz und Großbritannien.
Der Shortreport von Fraser Perring und Viceroy
Am vergangenen Donnerstag, 26. Januar, veröffentlichte Viceroy Research einen Shortreport mit dem Titel „Medical Properties (dis)Trust“. Der Report soll anhand mehrerer Thesen belegen, dass Medical Properties durch fadenscheinige Transaktionen mit seinen Mietern umfangreichen Umsatzschwindel betrieben haben soll. Im Ergebnis soll Medical Properties deutlich stärker verschuldet sein als der Markt glaubt und soll letzten Endes keine andere Wahl haben, als die Dividende deutlich zu kürzen.
Der Kontext des Reports ist Investoren von Medical Properties nicht unbekannt: Es geht schwerpunktmäßig um Steward Health Care, einem privaten Krankenhausbetreiber mit 36 Krankenhäusern und mehr als 50 kommunalen Gesundheitszentren in 10 US-Bundesstaaten. Im Jahr 2020 geriet Steward Health Care aufgrund der Covid-19-Pandemie und ihrer Auswirkungen auf den Gesundheitsbetrieb in finanzielle Schwierigkeiten. Infolgedessen kam Steward mit seinen Leasingzahlungen an MPW in Verzug und meldete Konkurs an.
Das Problem Nummer 1: Rund 26 % aller Flächen im Besitz von MPW sind an Steward Health Care vermietet, womit Steward der größte Mieter von MPW ist. Das Problem Nummer 2: Bereits vor der Pandemie hat Medical Properties Kredite an Steward vergeben. Viele Analysten stellen zurecht die Frage, ob Steward ohne diese Kredite in der Lage gewesen wäre, die Mieten zu zahlen. Somit stehen für MPW nicht nur die Leasingzahlungen von Steward auf dem Spiel, sondern auch noch das Risko von Kreditausfällen. Dies sind allerdings keine inoffiziellen Informationen von Insidern. Im Gegenteil: Medical Properties weist in den Jahresberichten sogar auf diese Verbindungen hin.
Auch im Goldesel Trading-Hauptkanal wurde die Veröffentlichung des Shortreports sofort erwähnt.
Ist Steward Health Care nur die Spitze des Eisberges?
Der Report von Viceroy Research dringt deutlich tiefer in die Bilanz und die Transaktionen von Medical Properties Trust ein. Es werden neun größere Transaktionen mit Steward und anderen Mietern der letzten Jahre aufgeführt, durch welche Viceroy zu zwei wesentlichen Erkenntnissen kommt.
Erstens: MPW hat mit seinen Mietern und deren Managementteams sogenannte „nichtkommerzielle Transaktionen“ in Milliardenhöhe getätigt, um einen allgegenwärtigen Einnahmenschwindel und/oder Diebstahl zu verschleiern. Nichtkommerzielle Transaktionen dienen nicht mit dem Ziel der Gewinnerzielung, sondern erfolgen z. B. aus strategischen Gründen. Infolgedessen sei die gesamte GuV infrage zu stellen bzw. neu zu bewerten. Diese „Neubewertung“ führt dazu, dass der tatsächliche Kurs von MPW im Bereich zwischen 3,34 USD und 4,45 USD je Aktie liegen müsste – also rund 75 % Downside zum aktuellen Kurs von etwa 13 USD.
Zweitens: Der Beleihungsauslauf (Verhältnis Kreditbetrag zum Verkehrswert einer Immobilie, engl. Loan to Value, LTV) liegt statt den offiziellen 53 % bei rund 85 %, wodurch ein deutlich höheres Kreditrisiko besteht, als der Markt einpreist.
Chartanalyse zu Medical Properties Trust
Medical Properties befindet sich seit Anfang 2022 in einer tiefgreifenden Korrektur, die den Kurs vom ATH bei rund 24 USD fast 60 % in die Tiefe schickte. Im Oktober 2022 wurde bei ca. 9,9 USD das bisherige Verlaufstief getroffen. Seitdem hat die Aktie kurzfristig einen Aufwärtstrend etabliert, wobei der übergeordnete Abwärtstrend noch intakt ist.
Kurs vor der Veröffentlichung des Reports von Viceroy kam die Aufwärtsbewegung am Widerstandsbereich bei rund 14 USD zum Stehen. Auch die Abwärtstrendlinie vom ATH stand in diesem Bereich als Widerstand über dem Kurs. Am Veröffentlichungstag des Reports (26. Januar) zeigte sich der Kurs sehr stabil und prallte am Unterstützungsbereich bei rund 12,3 USD (Corona-Tief) und an der 50-Tage-Linie wieder nach oben ab.
Aktuell zeigt sich der Kurs gewissermaßen unentschieden. Von unten stützen der Bereich um 12,3 USD und die 50-Tage-Linie, über dem Kurs liegt der Bereich bei etwa 14 USD, die 200-Tage-Linie und die Abwärtstrendlinie. Mittelfristig gäbe erst das nachhaltige Überschreiten der Marke um 14 USD ein starkes positives Signal. Damit würde die 200-Tage-Linie stützen, die Abwärtstrendline wäre gebrochen und der übergeordnete Abwärtstrend zumindest auf Neutral gestellt.
Zusammenfassung – im Zweifel für den Angeklagten?
Der Report von Viceroy zeigt anhand mehrere Transaktionen ein vermeintliches Downside-Potenzial von etwa 75 % zum aktuellen Kurs von MPW. Die Vorwürfe sind schwerwiegend, aber im Wesentlichen nicht neu. Das Thema um Steward wird regelmäßig in Jahresberichten und Präsentationen erwähnt – auch wenn es wahrscheinlich unverfänglicher dargestellt wird, als es tatsächlich ist.
Die erste Reaktion des Marktes – MPW schloss am Veröffentlichungstag im Plus – zeigt zumindest, dass dem Bericht nicht so viel Beachtung geschenkt wird, wie man bei einem Shortreport von Fraser Perring vermuten könnte.
Der Artikel ist keine Aufforderung zum Kauf und/oder Verkauf der Aktie. Es handelt sich hierbei um eine journalistische Arbeit. Der Autor hält zum aktuellen Zeitpunkt eine Position in der Aktie.
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