Blogartikelbild Paypal: Vom Wachstumsunternehmen zum Value-Titel?
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Paypal: Vom Wachstumsunternehmen zum Value-Titel?

Paypal, das Zahlungsunternehmen aus den USA, revolutionierte die Zahlungsabwicklung beim Onlineshopping. Das Unternehmen entwickelte ein Geschäftsmodell, welches über viele Jahre für massives Wachstum sorgte. Allerdings enttäuschten die Ergebnisse seit knapp zwei Jahren von Quartal zu Quartal. Ende des Jahres 2021 verkündete das Management, dass zukünftig weniger das Wachstum sondern eher eine höhere Profitabilität im Fokus stehen werde. Das geringere Wachstum stellte sich umgehend ein und der Aktienkurs verlor in der Spitze fast 80 % innerhalb von 12 Monaten. Die nun vorliegenden Ergebnisse für das 4. Quartal 2022 waren gut: Ist das aktuelle Kursniveau damit interessant für einen längerfristigen Einstieg?

Aktienverlinkung: US70450Y1038

Ein einfaches und profitables Geschäftsmodell

Paypal ist eine digitale Zahlungsplattform, die es Privatpersonen und Unternehmen ermöglicht, Geld elektronisch zu überweisen. Paypal fungiert als Vermittler zwischen Käufern und Verkäufern und wickelt den Zahlungsvorgang sicher ab.

Dabei ist das Geschäftsmodell denkbar einfach: Paypal erhebt für jede Transaktion Gebühren. Die von PayPal erhobenen Gebühren hängen von der Art der Transaktion und dem Land ab, in dem diese stattfindet. So erhebt PayPal beispielsweise eine Gebühr für den Empfang von Zahlungen für Waren und Dienstleistungen, wobei sich die Gebühr aus einem Prozentsatz des Transaktionsbetrags und einer festen Gebühr auf der Grundlage der verwendeten Währung zusammensetzt. Auch für die Entgegennahme von Spenden und das Versenden von persönlichen Zahlungen fallen Gebühren an, die je nach Land variieren. Zusätzlich zu den Transaktionsgebühren erzielt PayPal auch Einnahmen durch Zinsen auf Guthaben der jeweiligen PayPal-Konten sowie durch Partnerschaften mit Banken und Finanzinstituten.

Das Geschäft ist lukrativ: Die Bruttomarge von Paypal liegt seit 2015 (der Börsengang war erst im Juli 2015) bei 40 – 50 %. Die operative Marge schwankt relativ um einen Mittelwert von 16 % und die Nettomarge um 14 %.

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Die Bruttomarge von Paypal ist seit Jahren stabil (Quelle: eigene Darstellung)

Abflachendes Wachstum mit Stabilisierung

Seit dem Börsengang im Juli 2015 wuchs Paypal über viele Jahre im zweistelligen Bereich und teilweise über 20 % pro Jahr. Vom Börsengang im Juli 2015 bis zum abgeschlossenen Q4 2022 wuchsen die Umsätze im Schnitt mit 17 % pro Jahr (CAGR). Gleiches gilt für das operative Ergebnis und den Gewinn je Aktie, wobei letzterer deutlicheren Schwankungen unterworfen war. Infolge der Sonderkonjunktur im Onlinehandel explodierten auch die Umsätze bei Paypal und das Umsatzwachstum erreicht seinen Höhepunkt bei rund 30 % YoY im Q1 2021. Im abgelaufenen Q4 2022 konnte Paypal zwar weiterhin steigende Umsätze verbuchen, allerdings lag das Umsatzwachstum nur noch bei knapp unter 7 % und erreichte einen Tiefststand.

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Der Umsatz wächst, aber das Umsatzwachstum ist rückläufig (Quelle: eigene Darstellung)

Der Blick auf die aktiven Nutzer zeigt ein gemischtes Bild. Genau wie die Umsätze erreichte das Nutzerwachstum Ende 2020 / Anfang 2021 seinen Höhepunkt bei rund 24 % YoY. Seitdem ging das Nutzerwachstum brutal zurück und lag im abgelaufenen Q4 2022 bei nur noch 2 % YoY – Paypal gewinnt kaum noch neue Nutzer. Die Tatsache, dass in den letzten Quartalen das Umsatzwachstum über dem Nutzerwachstum lag, zeigt, dass das Management möglicherweise an den richtigen Stellschrauben dreht: das Wachstum basiert nicht mehr auf der Gewinnung neuer Nutzer, sondern kann anderweitig generiert werden. Auch die operativen Margen sind in den vergangenen Quartalen wieder angestiegen.

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Das Nutzerwachstum bei Paypal ist mittlerweile geringer als das Umsatzwachstum (Quelle: eigene Darstellung)

Die Take Rate zeigt ebenso, dass die vom Management versprochenen Schritte bereits Früchte tragen. Paypal differenziert zwischen der Total Take Rate und der Transaction Take Rate. Da Paypal hauptsächlich Umsätze aus Transaktionen generiert, unterscheiden sich diese kaum. Die Total Take Rate nach dem Börsengang lag bei knapp über 3 %. Im Q1 2021 erreichte diese bei ca. 2 % das bisherige Tief und stieg seitdem wieder leicht an. Somit konnte auch der Gewinn, den Paypal je Transaktion erzielt, in den letzten Quartalen wieder ansteigen.

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Die Take Rate hat sich in den letzten Quartalen stabilisiert (Quelle: eigene Darstellung)

Optimistische Aussichten vom Management und von Analysten

Für aktuelle Q1 2023 sieht das Management einen Gewinn je Aktie zwischen 0,62 und 0,64 USD (GAAP), was einem Wachstum von rund 47 % YoY entsprechen würde.

Bezogen auf das Gesamtjahr 2023 liegen die Konsensschätzungen der Analysten bei einem Gewinn je Aktie von 3,31 USD. Dies entspricht sogar einem Wachstum von 58 % YoY. Im Jahr 2026 wird der Gewinn je Aktie auf rund 5,12 USD geschätzt, was ein jährliches Wachstum von 17 % impliziert. Auch die Margen sollen um etwa 3 % gesteigert werden.

Vom Börsengang bis zum Vor-Corona-Hoch wurde Paypal durchschnittlich mit einem KGV von 30 bewertet. Im Corona-Peak sogar mit einem Gewinnmultiple von 67. Mit dem Abverkauf ging auch die Bewertung extrem zurück. Seit Juni 2022 liegt das durchschnittliche KGV noch bei 20 – so gering wie nie zuvor in der Börsenhistorie des Unternehmens. Bei dem aktuellen Kursniveau entsprechen die Gewinnschätzungen bis 2026 einem KGV von 16.

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Der Ausblick des für das Q1 2023 ist vielversprechend (Quelle: Paypal, Q4-2022 Investor Update, www.investor.pypl.com)

Tradingszenario zu Paypal

Vom Börsengang im Juli 2015 bei rund 36 USD lief der Kurs bis zum März 2020 auf rund 124 USD hoch. Nach einem Rücksetzer durch den Corona-Crash erreichte der Aktienkurs im Juli 2021 das bisherige ATH bei rund 310 USD – mehr als 270 % in 15 Monaten.

Danach ging es genauso schnell bergab, wie es vorher bergauf ging. Innerhalb von 12 Monaten rauschte der Kurs um mehr als 80 % in die Tiefe und kam im Bereich 66 – 67 USD, weit unter dem Corona-Tief und auf dem Niveau von 2017, zum Stehen.

Mit der allgemeinen Aufwärtsbewegung seit Anfang 2023 lief der Kurs bis an den Bereich des Corona-Tiefs bei 83 – 85 USD heran. Nach einem kurzzeitigen Überschreiten dieser Marke und der 200-Tage-Linie, lief der Kurs wieder auf rund 80 USD zurück. Damit liegen momentan über dem Kurs der harte Widerstandsbereich 83 – 85 USD und die 200-Tage-Linie. Unter dem Kurs stützt die 50-Tage-Linie (ca. 76 USD). Die nächsten nennenswerten Unterstützungsbereiche befinden sich bei 72 USD und dem Verlaufstief 66 – 67 USD. Im Moment bewegt sich der Kurs auf neutralem Terrain. Ein neuer Aufwärtstrend würde erst nach der Ausbildung eines Hochs über dem Widerstandsbereich 101 – 103 USD etabliert werden.

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Das Chartbild von Paypal ist aktuell neutral zu werten und erst über 101 – 103 USD hellt sich das Gesamtbild merklich auf

Fazit: Paypal ist kein Wachstumsunternehmen mehr, aber einen Blick wert

Vor Corona war Paypal ein zuverlässig wachsendes Unternehmen, welches infolge der Sonderkonjunktur durch Corona einen wahren Hype erfuhr. Der Aktienkurs und die Bewertung schossen in ungesunde Höhen und als klar wurde, dass die Ergebnisse diese Fantasien nicht reflektieren konnten, wurde die Aktie links liegen gelassen. Anfang 2021 versprach das Management die Abkehr von „Wachstum um jeden Preis“ hin zu mehr Profitabilität. Die Ergebnisse der letzten Quartale deuten an, dass der neue Kurs Früchte tragen könnte. Das aktuelle Bewertungsniveau reflektiert dies ebenso: Paypal ist kein Wachstumsunternehmen mehr. Falls sich der Kurs auf dem aktuellen Niveau stabilisiert, könnte sich langfristig ein interessantes Einstiegslevel bilden.

Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte

Der Autor ist in keinem der besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse investiert.

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