
Ist ChatGPT wirklich eine Gefahr für Alphabet?
Alphabet ist mit seiner Suchmaschine Google seit vielen Jahren der unangefochtene König im Suchmaschinenmarkt. Durch die Werbeeinnahmen von Google ist der US-amerikanische Tech-Gigant über viele Jahre massiv gewachsen und eines der profitabelsten Unternehmen der Welt geworden. Seit Microsoft Anfang Februar das neue KI-gestützte Bing angekündigt hat, steht die Alphabet-Aktie unter starkem Verkaufsdruck. Viele Marktbeobachter sehen die Dominanz von Google bei den Suchmaschinen in ernsthafter Gefahr. Alphabet hat bisher erfolglos den Gegenangriff geprobt – wie groß ist das Problem für Alphabet tatsächlich?
Alphabet ist mehr als die Google-Suche
Alphabet ist eine Holdinggesellschaft, zu der verschiedene Unternehmen gehören. Die größte Einnahmequelle von Alphabet ist die Werbung. Der Konzern investiert seit vielen Jahren massiv in Forschung und Entwicklung, insbesondere in Bereichen wie Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und Cloud Computing.
KI wird jede Softwarekategorie grundlegend verändern, angefangen bei der größten Kategorie von allen – der Suche.
Satya Nadella, CEO von Microsoft
Die Suchmaschine von Google und andere Produkte zeigen Anzeigen an, und Unternehmen zahlen dafür, dass ihre Anzeigen in diesen Bereichen erscheinen. Alphabet verwendet ein Pay-per-Click-Modell, d. h., die Inserenten bezahlen Google jedes Mal, wenn ein Nutzer auf ihre Anzeige klickt. Alphabet verkauft auch verschiedene Hardwareprodukte, darunter Smartphones (Pixel), Smart-Home-Geräte (Nest) und Chromebooks. Das jüngste Segment des Unternehmens sind Cloud-Dienste über seine Google-Cloud-Plattform. Diese stellt Infrastruktur, Speicher und andere Dienste für Unternehmen bereit. Dieser Geschäftsbereich generiert Einnahmen durch Abonnementgebühren und nutzungsabhängige Gebühren. Daneben besitzt Alphabet andere Unternehmen wie Waymo (autonome Fahrzeuge), Verily (Gesundheitswesen) und CapitalG (Risikokapital).
Werbeeinnahmen verlieren an Wichtigkeit für das Umsatzwachstum
In den letzten 10 Jahren hat Alphabet mit starkem Wachstum geglänzt. Der Umsatz im Jahr 2012 lag bei rund 46 Milliarden USD und ist bis 2022 auf 282,8 Milliarden USD angewachsen – ein jährliches Wachstum von 20 % (CAGR). Ein Großteil des Umsatzes stammte und stammt aus Werbung, wobei die Wichtigkeit für Alphabet abnimmt. Der Anteil des Umsatzes aus Werbung von Google, YouTube usw. zusammen lag im Jahr 2012 bei 95 %. Im Jahr 2022 ist der Anteil der Werbeeinnahmen am Gesamtumsatz auf rund 79 % zurückgegangen. Einen wesentlichen Part am Nicht-Werbeumsatz hat die Google Cloud, welche mittlerweile fast 10 % zum Gesamtumsatz beiträgt. Beim Blick auf den Gewinn je Aktie wird die Sonderkonjunktur durch Corona im Jahr 2021 deutlich.




Warum soll KI eine Gefahr für Alphabet sein?
Um diese Frage zu beantworten, ist es zunächst wichtig zu verstehen, wie Google überhaupt mit Werbung Geld verdient. Der Inserent erstellt Anzeigen, die auf bestimmte Schlüsselwörter, geografische Orte und andere Kriterien ausgerichtet sind, über die Werbeplattform namens Google Ads (früher bekannt als Google AdWords). Beim Erstellen der Anzeige gibt der Inserent auch einen Preis dafür an, was ihm ein Klick auf die Anzeige wert ist. Google zeigt diese Anzeigen in der Suchmaschine und anderen Produkten wie Youtube an.
Wenn ein Nutzer nach einem Schlüsselwort sucht oder eine Website besucht, auf der Google-Anzeigen geschaltet werden, findet eine Art Auktion für den Anzeigenplatz statt. Die Inserenten bieten auf den Platz, und der Höchstbietende gewinnt die Auktion. Die Anzeige, die den Zuschlag erhält, wird dem Nutzer dann entweder ganz oben in den Suchergebnissen oder auf der Website angezeigt. Wenn ein Nutzer auf die Anzeige klickt, wird dem Inserenten eine Gebühr auf der Grundlage eines Pay-per-Click-Modells (PPC) berechnet. Die Höhe der Gebühr hängt vom Wettbewerb um den Anzeigenplatz und der Qualität der Anzeige ab.

Nun sind Chatbots keine Neuentwicklung und die meisten Websites verfügen über einen solchen, um beispielsweise den Erstkontakt mit Kunden zu automatisieren. Warum wird ChatGPT dann so hochgejubelt und als Gefahr für Google dargestellt? Die Antwort liegt auf der Hand: Chatbots wie ChatGPT sind eine komfortable Abkürzung für die Nutzer. Wer bisher auf der Suche nach Informationen war, musste sich diese unter Umständen durch mehrere Suchanfragen auf verschiedenen Websites zusammensuchen.
ChatGPT übernimmt diese Aufgabe im Rahmen seiner Möglichkeiten – vor allem bzgl. der Aktualität der Daten. Eine breitere Akzeptanz von KI-Chatbots könnte zu einem Rückgang der Suchanfragen führen, was wiederum einen Rückgang der Werbeausgaben für die Suche erwirken könnte. Da Alphabet derzeit noch den Löwenanteil dieser Werbeausgaben genießt und diese einen wesentlichen Anteil am Umsatzmix ausmachen, ist diese Gefahr tatsächlich nicht zu unterschätzen.
Der Druck auf Alphabet wird zunehmen
Der Markt für digitale Werbung unterliegt derzeit so großen Änderungen, wie seit vielen Jahren nicht mehr. Ein schwaches makroökonomisches Umfeld führt derzeit zu einer drastischen Verlangsamung der Ausgaben für digitale Werbung. Gleichzeitig erlebt die digitale Werbeindustrie einen Umbruch, der von Apples IDFA-Änderungen bis zur Abschaffung von Cookies im Internet reicht. Und jetzt droht die generative KI-Technologie die gesamte digitale Werbelandschaft zu verändern.

Im Laufe der letzten Jahre haben Alphabet, Meta Platforms und Amazon ein Oligopol in der digitalen Werbebranche gebildet. Während YouTube (soziale Medien) in den letzten Jahren ein wichtiger Wachstumsmotor für Alphabet war, hat die anhaltende Dominanz von Google bei den Suchmaschinen Alphabet zu einem der profitabelsten Unternehmen der Welt gemacht. Laut Statcounter (www.gs.statcounter.com) hat Google einen weltweiten Suchmaschinenmarktanteil von 93 %, während Bing nur einen Anteil von 3 % hat. Seit Jahren ist der meistgesuchte Begriff auf Bing “Google”, und Microsoft versucht, dies mit einem neuen KI-gestützten Bing zu ändern.

Kann dr Platzhirsch sein Territorium verteidigen? Google muss reagieren und wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Google-Chatbot Bard-AI massentauglich ist. Dann könnte Google zwar in der Lage sein, seinen riesigen Marktanteil bei der Suche zu verteidigen, doch die Gefahr, dass der Google-Chatbot sein eigenes Geschäft kannibalisiert, ist sehr real.
Alphabet hat in den letzten zehn Jahren Milliarden von Dollar in die KI investiert und hat schon seit vielen Jahren große Sprachmodelle ähnlich wie ChatGPT (wie LaMDA und PaLM) in der Entwicklung. Die überstürzte Markteinführung von Google Bard hat bei den Investoren von Alphabet jedoch mehr Fragen als Antworten hinterlassen, da Bard bei der Markteinführung / Demo in Paris sachlich falsche Antworten gegeben hat.
Wenn es Microsoft ernst meint, dann wird der Kampf um die Suchmaschinenvorherrschaft noch viele Milliarden mehr verschlingen und der Druck auf die Margen von Alphabet wird zunehmend größer.
Tradingszenario zu Alphabet
Das Chartbild von Alphabet (hier Class C) wirkt in den letzten Handelstagen zunehmend positiv. Innerhalb von vier Handelswochen ist der Kurs von etwa 90 USD bis an den Widerstandsbereich bei rund 108 USD herangelaufen. Mit Schlusskurs vom vergangenen Freitag bei 109,46 USD wurde das Verlaufshoch von Anfang Februar sogar überschritten. Unter dem Kurs stützen nun der Bereich um 108 USD und weiter unten ein Unterstützungsbereich bei 101 USD sowie die 200-Tage-Linie auf dem Niveau. Der nächste nennenswerte Widerstand ist im Bereich um 120 USD zu verorten.
Mit folgendem Knock-Out-Zertifikat könnte man von einer weiteren Aufwärtsbewegung profitieren: DFX5H6.

Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte
Der Autor ist im besprochenen Wertpapier bzw. Basiswert zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse investiert: Alphabet. Transparenzhinweis: Die im Artikel vorgestellten Derivate werden durch die Redaktion ausgesucht. Wir arbeiten aber mit ausgewählten Emittenten zusammen, die mit der Goldesel Trading & Investing GmbH in einer Geschäftsbeziehung stehen. Bitte beachten Sie: Der Handel mit Derivaten ist mit einem erheblichen Risiko verbunden und kann unter Umständen zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen.
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