Exklusives CFO Interview mit der Fraport AG
„Nachdem wir viel investiert haben, werden wir ab 2026 immer deutlicher die Ernte einfahren.“
Wir dürfen euch heute ein neues Goldesel CFO-Interview präsentieren. Es freut uns sehr, dass uns Herr Prof. Dr. Matthias Zieschang, CFO von Deutschlands größtem Flughafenbetreiber, der Fraport AG, in unserem heutigen Goldesel Interview Rede und Antwort steht.
Die Fraport AG ist nicht nur Betreiber des Frankfurter Flughafens. Das Unternehmen ist auch an insgesamt 29 weiteren Flughäfen beteiligt oder betreibt diese selbst. Hierzu gehören beispielsweise noch die Flughäfen in Antalya (Türkei), Lima (Peru), Porto Alegre (Brasilien), zwei bulgarische Flughäfen und 14 Regionalflughäfen in Griechenland zum Beispiel auf Rhodos, Kos, Mykonos und Zakynthos. Darüber hinaus ist die Fraport AG auch mit einem 10 %-Anteil am Flughafen im indischen Delhi beteiligt.
Mit knapp 81.000 Beschäftigten ist der Frankfurter Flughafen die größte lokale Arbeitsstätte in Deutschland. Im Jahr 2022 verreisten knapp 50 Millionen Passagiere von Frankfurt aus in die ganze Welt. An einem einzigen Tag im Jahr 2019 starteten rekordverdächtige 241.228 Passagiere von Frankfurt in den Urlaub oder zu einer Geschäftsreise. Im Jahr 2022 starteten 382.211 Flugzeuge vom Rollfeld. Die Fluggastzahlen konnten im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr erheblich gesteigert werden. So lagen die Passagierzahlen bei rund 60 Millionen und es gab 430.436 Flugbewegungen. Die deutlichen Steigerungen bei den genannten Zahlen lagen wohl jedoch auch zu einem gewissen Anteil an den Nachwirkungen der Corona-Pandemie im Jahr zuvor.
Mit diesen Fluggastzahlen ist der Frankfurter Flughafen der 5. größte Flughafen Europas und die Nummer 16 weltweit.
Für 2024 rechnet der Flughafenbetreiber Fraport mit 61-65 Millionen Passagieren. Hier nochmal die Fluggastzahlen der einzelnen Monate aus den Jahren 2022 und 2023 im Überblick.
Eines der größten Bauvorhaben am Frankfurter Flughafen soll 2026 mit der Fertigstellung des Terminal 3 zu Ende gehen. Dieses Projekt hat in den letzten Jahren viel Kapital gebunden, sodass die Fertigstellung auch Auswirkungen auf die operativen Zahlen haben könnte.
Was das für das Unternehmen bedeutet, ob die Fraport AG weitere Akquisitionen plant und wann Aktionäre wieder mit einer Dividende rechnen können, das alles hat uns Herr Zieschang in unserem Interview beantwortet. Viel Spaß beim Lesen!
Nach der Corona-Krise, die insbesondere für die Reisebranche eine Katastrophe war, hat sich die gesamte Branche stark erholt. Nachdem die Preise 2023 stark gestiegen waren, lassen diese mittlerweile etwas nach. Spüren Sie wieder etwas mehr Zurückhaltung im Reisesektor?
Zurückhaltung spüren wir als Flughafenbetreiber nicht. Was abnimmt ist die sehr hohe Dynamik der letzten beiden Jahre im Zuge der Erholung aus dem tiefen Tal der Corona- Pandemie. Für den laufenden Sommerflugplan haben wir ein Wachstum bei Bewegungen und Sitzplätzen im mittleren einstelligen Prozentbereich. Auf Gesamtjahressicht erwarten wir ein Passagierwachstum auf 61 – 65 Millionen gegenüber dem Vorjahr mit 59 Millionen Reisenden. Wir nähern uns also wieder Wachstumsraten an, die wir vor Corona gewohnt waren.
Um mal bei den Passagierzahlen zu bleiben – diese lagen im Jahr 2023 16 % unter dem Niveau von 2019 (vor Corona). Das EBITDA und das Ergebnis konnten jedoch weiter gesteigert werden. Drohen im Jahr 2024 Rückgänge, sofern die Flugpreise zurückgehen und die Passagierzahlen sich nicht erholen sollten?
Wie gerade beschrieben, wachsen wir in Frankfurt 2024 weiter – nur weniger schnell. Bis 2026 erwarten wir an unserem Heimatdrehkreuz wieder in der Region des Vorkrisenniveaus zu sein.
Dass wir weiterwachsen, gilt insbesondere auf Konzernebene an den internationalen Airports, an denen Fraport aktiv ist. Hier haben wir bereits 2023 zum Beispiel in Griechenland und im türkischen Antalya die Corona-Pandemie vollständig hinter uns gelassen und neue Passagierrekorde erzielt. 2024 sehen wir dies auch im peruanischen Lima. Deshalb erwarten wir Zuwächse auch bei EBITDA und Konzern-Ergebnis im Jahr 2024. Auch auf darauffolgende Jahre blicken wir optimistisch.
Für 2030 wurden 1 Milliarde EUR Free Cashflow in Aussicht gestellt. Im letzten Quartal war diese Kennzahl wegen der Baumaßnahmen zum Terminal 3 und weiteren Investitionen deutlich negativ. Wann rechnen Sie wieder mit positiven Vorzeichen beim Free Cashflow?
Wir planen, beim Free Cash Flow 2025 den Break-Even zu erreichen. Ab 2026 und damit dem Jahr, in dem wir mit dem neuen Terminal 3 hier in Frankfurt unser letztes großes Ausbauvorhaben nach Lima und Antalya in Betrieb nehmen, wollen wir wieder ein Plus vor dieser Kennzahl sehen.
Der Fraport AG gehört nicht nur der Flughafen Frankfurt, sondern unter anderem noch viele Flughäfen in Griechenland, in Antalya und anderen Orten. Planen Sie noch weitere Flughäfen ins Portfolio aufzunehmen?
Derzeit liegt unser Fokus auf organischem Wachstum. Dazu verdoppeln wir die Kapazitäten unserer Flughäfen in Lima und Antalya. Wir verfolgen das Ziel, das vorhandene Wachstumspotential unserer internationalen Flughafenbeteiligungen auszuschöpfen und darüber hinaus unser Portfolio in Zukunft durch Erwerb neuer Beteiligungen weiter auszubauen.
Aus diesem Grund beobachten wir fortlaufend den internationalen Flughafen-Markt und sind offen für neue Geschäftsmöglichkeiten. Bitte haben Sie aber Verständnis, dass wir uns generell nicht dazu äußern, welche Ausschreibungen oder Projekte wir besonders aussichtsreich finden.
Ein Thema, das aktuell jeden Bereich der Wirtschaft umtreibt, ist die Künstliche Intelligenz. Wie stellt sich die Fraport AG im Bereich KI auf? Welche Veränderungen können Reisende erwarten?
Wir setzen KI bereits zur Optimierung unserer Abfertigungsprozesse an unseren Flughäfen ein. Zwei Pilotprojekte sind hier besonders aussichtsreich: Einerseits streben wir mittels KI-basierter Disposition im Ladeservice eine passgenaue Vorausplanung der Ressourcen an. Anderseits wird KI beim Turnaround Management, also der reibungslosen Abfertigung eines Flugzeugs helfen. Daneben sind wir in Deutschland Vorreiter beim Einsatz innovativer Technologien zur Optimierung der Passenger Journey im Terminal – zum Beispiel durch Biometrie und CT-Scanner für schnellere Abläufe an zahlreichen Prozessstellen.
In Zeiten von mehr Umweltbewusstsein: Welches Risiko sehen Sie in einer möglichen Besteuerung des aktuell steuerfreien Kerosins für die gesamte Luftfahrtbranche und insbesondere für Ihr Unternehmen?
Die staatlich regulierten Standortkosten sind in Deutschland bereits extrem hoch. Deshalb steht der hiesige Luftverkehrsmarkt bei der Erholung nach der Corona-Pandemie sehr weit hinten. Die regulativ bedingten Abgaben und Gebühren sind mittlerweile auf über 30 Prozent der gesamten Standortkosten einer Airline angestiegen. Mit der jüngst zum 1. Mai erfolgten weiteren Erhöhung der Luftverkehrssteuer haben sich diese Kostenanteile seit 2019 mehr als verdoppelt. Das ist vor allem auch deshalb kontraproduktiv, weil wir Akteure in der Luftverkehrsindustrie den Umstieg auf einen CO2-freien Betrieb wollen, dafür aber auch die
finanzielle Kraft haben müssen. Eine weitere Steuer auf Kerosin würde dem Ganzen vollends den Boden aus dem Fass schlagen. Denken Sie an alle anderen Verkehrsträger. Für diese wird die Infrastruktur nahezu ausschließlich durch die öffentliche Hand finanziert. Das ist bei Flughäfen häufig anders. Hier zahlen die Airlines Start- und Landeentgelte, aus denen die Flughafenbetreiber die Infrastruktur finanzieren. Daher gibt es keine sachliche Grundlage für eine zusätzliche Kerosinsteuer.
Der Aktienkurs hat sich nach Corona deutlich erholt, ist aber zuletzt wieder rückläufig. Denken Sie, dass Ihre Aktionärsstruktur, mit über 50 % der Aktien in der öffentlichen Hand, große Investoren wie beispielsweise BlackRock oder die größeren Investmentbanken vor Investitionen abschrecken und belastet dies den Kurs womöglich auch noch die nächsten Jahre?
Schauen wir uns die Unternehmensbewertung an, also den Aktienkurs zuzüglich der Verschuldung, so ist Fraport deutlich höher bewertet als vor Corona. Ein Teil der Aktienkurs Performance wird entsprechend vielmehr durch unsere großen Ausbauvorhaben als durch unsere Aktionärsstruktur zurückgehalten. Ende dieses Jahres eröffnen wir ein neues Terminal
in Lima. 2025 folgen neue Terminalanlagen im türkischen Antalya. An beiden Standorten verdoppeln wir damit die Kapazitäten. Andere internationale Standorte sind bereits ausgebaut.
In Frankfurt werden wir zudem ab 2026 mit dem neuen Terminal langfristig die Kapazität um 25 Millionen Fluggäste pro Jahr steigern. Nachdem wir viel investiert haben, werden wir ab 2026 immer deutlicher die Ernte einfahren. Mit dem Turnaround des Free Cash Flow blicken wir zuversichtlich nach vorne.
Ein kleiner Ausflug in die Zukunft: Das chinesische Unternehmen Ehang beginnt in diesem Monat mit dem Verkauf von Luft-Taxis. Wie sehen Sie die Zukunft dieser Technologie für inländische Flüge / Kurzstreckenflüge und beschäftigen Sie sich bereits mit diesem Thema?
Der Flughafen Frankfurt ist bereits heute ein Multimodalhub. Wir sind nicht nur das Luftverkehrsdrehkreuz in der Welt mit der besten Konnektivität an direkt erreichbaren Flugzielen. Wir sind hier vor Ort auch ideal an alle relevanten Verkehrsträger angeschlossen.
Im Automobilverkehr liegen wir neben dem Frankfurter Kreuz, dem am stärksten frequentierten Autobahnkreuz Deutschlands mit der A3 und der A5. Durch unseren Regional- und Fernbahnhof sind wir herausragend an das Schienennetz angebunden. Hier fahren täglich mehrere hundert Züge eng getaktet ein und aus. Und auch mit dem Busverkehr und dem hiesigen Radwegenetz sind wir sehr gut verknüpft. Diese breite Anbindung soll so bleiben, weshalb wir auch das Thema Drohnenshuttles aufmerksam beobachten.
Für 2024 wurde keine Dividende vorgeschlagen. Können Fraport-Aktionäre für das Jahr 2025 wieder mit Gewinnausschüttungen rechnen?
Ich hatte bereits geschildert, dass wir fest mit einem positiven Free Cash Flow ab 2026 rechnen und 2025 den Break-Even erreichen wollen. Für eines der beiden Geschäftsjahre planen wir auch mit großer Wahrscheinlichkeit wieder die jährlichen Gewinnausschüttungen zu
starten.
Ob das bereits für 2025 der Fall sein wird, müssen wir von der tatsächlichen Geschäftsentwicklung abhängig machen und intern diskutieren. Lassen Sie mich aber versichern, dass wir sehr hart daran arbeiten unsere Ziele zu erreichen.
Vielen Dank.
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