
Deutsche Bank – müssen wir uns jetzt Sorgen machen?
Da musste sogar der Bundeskanzler höchstpersönlich ein paar beruhigende Worte sprechen: Die Aktie der Deutschen Bank (Kürzel: DBK) ist am Freitag unter die Räder geraten, was weltweit Verblüffung und Sorgen auslöste. Zwischenzeitlich rutschte das Wertpapier über 11 % ins Minus. Selbst Analysten taten sich schwer, diesen Kurseinbruch nachzuvollziehen.
Der naheliegendste Schluss: Die Deutsche Bank könnte nach Ansicht vieler Anleger “die nächste Pleitenbank” sein, auch wenn es dafür keine konkreten Anzeichen gibt. Es herrscht also Panik, und deswegen beschwichtigte Olaf Scholz zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel: “Es gibt keinen Anlass, sich irgendwelche Gedanken zu machen”, sagte der Kanzler und fügte an: “Die Deutsche Bank hat ihr Geschäftsmodell grundlegend modernisiert und neu organisiert und ist eine sehr profitable Bank.”
Sehr profitabel? Nennen wir das mal Auslegungssache. Jedenfalls war der Kanzler bemüht, die Gemüter zu beruhigen. Am Ende des gestrigen Handelstages war die DBK-Aktie “nur” noch ca. 3,5 % im Minus. Aber war die Panik völlig unbegründet oder sind Investoren zurecht aus der Aktie der Deutschen Bank geflohen?
Mehrere Gründe für den Kursrutsch
– Ein Grund für den Kursrutsch der DBK-Aktie ist die Entscheidung der Bank, nachrangige Anleihen vor ihrer Fälligkeit in 2028 zu tilgen, um Stärke inmitten der Bankenkrise zu demonstrieren. Die Deutsche Bank wird diese Anleihen zu ihrem Nennwert mit den bis zum Einlösungsdatum aufgelaufenen Zinsen zurückzahlen. Das Gesamtvolumen beträgt 1,5 Milliarden USD. Zuvor sorgte für Unruhe, dass nachrangige Anleihen der Credit Suisse, sogenannte AT1-Anleihen im Gesamtwert von 16 Milliarden Franken, im Zuge der Notrettung komplett ausfallen.
– Überdies beunruhigte der steile Anstieg der Credit Default Swaps (CDS) der Deutschen Bank, also des Kreditderivats, mit dem Ausfallrisiken gehandelt werden. Am Freitag kletterten die Preise für die Credit Default Swaps (CDS) auf 200. Zwei Tage zuvor betrug der Wert noch 140.
– Hinzu kommt, dass das Vertrauen der Investoren und Verbraucher ins Bankensystem allgemein sinkt und der Zinskurs der US-Notenbank bringt ebenfalls nicht gerade Ruhe in den Markt.
Was sagen Analysten?
JPMorgan macht sich keine Sorgen um die Deutsche Bank. Anleger sollten sich auf die „soliden Fundamentaldaten” des Geldhauses konzentrieren, sagten Analysten von JPM. Die amerikanische Großbank hält an ihrer “overweight”-Bewertung für die Deutschen Bank fest. „Die jüngste CDS-Ausweitung der DBK steht unserer Ansicht nach im Zusammenhang mit Einweggeschäften zur Risikominderung bei allen Marktteilnehmern, und wir sehen dies und den damit verbundenen Aktienkursrückgang nicht als Spiegelung der Fundamentaldaten der Bank“, schrieb JPM-Analyst Kian Abouhossein. Zudem zählte die Deutsche Bank im Jahr 2022 im Bereich “Fixed Income, Currency and Commodities (FICC)” mit Einnahmen von 9,5 Milliarden USD zu den Top-5 der Welt.
Analysten von Autonomous Research kommentierten die Panik rund um die Deutsche Bank wie folgt: “Wir sind relativ entspannt angesichts des robusten Eigenkapitals und der Liquiditätspositionen der Bank. Um es klar zu sagen: Deutsche Bank ist nicht die nächste Credit Suisse.”
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Analysten der Citbank sehen die Gründe für den Kursrutsch der Deutschen Bank als “nicht signifikant” an und führen die Panik auf einen “irrationalen Markt” zurück. Wie bei der Credit Suisse „besteht das Risiko darin, dass verschiedene Schlagzeilen in den Medien psychologische Auswirkungen auf den Einleger haben, unabhängig davon, ob die ursprüngliche Begründung dafür richtig war oder nicht“, so die Citi-Analysten.
Die Unterschiede zur Credit Suisse
Natürlich wird die beunruhigende Mischung aus fallendem Aktienkurs und steigenden CDS-Preisen der Deutschen Bank von vielen als Warnzeichen angesehen, dass die Bank bald als nächste in die Luft fliegen könnte. Aber es gibt gravierende Unterschiede zur misslichen Lage der Credit Suisse.
1. litt die CS-Aktie in den letzten Jahren deutlich stärker als das Wertpapier der Deutschen Bank. Die DBK-Aktie konnte sich in den vergangenen Jahren bis zur aktuellen Bankenkrise eigentlich recht gut behaupten.
2. unterscheiden sich die Fundamentaldaten der beiden Banken deutlich. Zuletzt war die Credit Suisse äußerst unrentabel und verzeichnete in den letzten zwei Jahren einen Nettoverlust von fast 10 Milliarden USD (bei aktuellen Wechselkursen). Es ist nicht verwunderlich, dass das Vertrauen in eine Bank schwindet, wenn diese so frappierend viel Geld verbrennt. Die Deutsche Bank hingegen verbuchte in 2022 einen Nettogewinn von 5,6 Milliarden EUR, während das Umsatzwachstum 7 % betrug. Zugleich gelang es der Bank, ihre zinsunabhängigen Aufwendungen im Jahresvergleich um 5 % zu senken, was im aktuellen Inflationsumfeld als beachtliche Leistung einzustufen ist.
3. sind die Credit Default Swaps der DBK zwar in die Höhe geschossen, aber bei weitem nicht so sehr wie bei der Credit Suisse. Bevor die Schweizer Bank übernommen wurde, erreichten die CDS einen Spitzenwert von über 1.000 Basispunkten.
Man kann also festhalten: Die beruhigenden Worte des Bundeskanzlers hatten ihre Berechtigung. Dennoch gilt es in diesen Zeiten ein wachsames Auge auf die Banken zu halten.
Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte
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