
Biontech: Wann startet die nächste Rallye?
Das Mainzer Pharmaunternehmen Biontech sollte mittlerweile jedem bekannt sein. Selbst mein Großvater, der mit der Wirtschaft und dem Aktienhandel ungefähr so viel zu tun hat, wie ich mit olympischem Bodenturnen, weiß mittlerweile, wer Ugur Sahin und Özlem Türeci sind.
Den meisten Leuten ist das Unternehmen bislang aber ausschließlich aufgrund seines Corona-Impfstoffes Comirnaty bekannt. Neben dem US-amerikanischen Konkurrenten Moderna ist der Impfstoff von Biontech, welcher in Kooperation mit dem Pharmagiganten Pfizer entwickelt und vertrieben wurde, nach wie vor der Grund dafür, dass wir unser “normales Leben” mittlerweile wieder größtenteils zurückbekommen haben.
Wie viel Potenzial steckt noch in Biontech?
Die Forschungspipeline des Mainzer Vorzeigeunternehmens ist hingegen etwas weniger bekannt. Der eine oder andere mag bereits vernommen haben, dass Biontech neben dem Corona-Impfstoff noch an einer Grippeimpfung arbeitet. Darüber hinaus besitzt das Unternehmen aber auch eine gut gefüllte Pipeline an Krebsimpfstoffen. Schauen wir hier etwas genauer hin.
Nach Unternehmensangaben auf der eigenen Website befinden sich aktuell 7 Präparate in der präklinischen Phase, 20 weitere in Phase-1-Studien, 6 in Phase-2-Studien und 1 Präparat in einer Phase -3-Studie. Die genaue Erklärung der einzelnen Phasen würde den Rahmen sprengen, aber als Faustformel kann man sich merken, dass nach erfolgreichem Abschluss der Phase 3 eine Zulassung des jeweiligen Präparates vor der Tür steht. Die Versuchsreihen der präklinischen Phase und der Phase 1 sind grundsätzlich noch Monate und Jahre von einer Zulassung entfernt und viele dieser Versuchsreihen werden erfolglos eingestellt werden müssen.
Es ist jedoch festzustellen, dass sich viele dieser Versuchsreihen mit dem Thema Krebsbehandlung beschäftigen. So befinden sich zum Beispiel die Produktkandidaten BNT111 – mRNA-Impfstoff gegen fortgeschrittene Melanome – und BNT113 – mRNA-Impfstoff gegen Karzinome im Bereich des Kopfes und des Halses – in der Phase 2 und zeigten bereits erste Immunantworten. Der Kandidat BNT161 gegen die Saisonale Grippe wird aktuell an gesunden Erwachsenen ab 18 Jahren getestet und steht somit kurz vor einer offiziellen Zulassung.
Die gesamte Projektpipeline ist auf der Website von Biontech gut erklärt und übersichtlich dargestellt. Wer hier investiert ist, sollte sich diese definitiv mal zu Gemüte führen.
Der Markt für Krebsbehandlungen
Der TAM (total addressable market) für die Behandlung von Krebs wurde 2020 auf circa 158 Milliarden USD geschätzt und soll bis 2026 auf 268 Milliarden USD anwachsen.
Das entspricht einem jährlichen Wachstum von 9,15 %. Die mit Krebsmedikamenten erzielten Umsätze steigen zudem stark an. Im Jahr 2019 wurden mit der Behandlung von Krebs etwa 128 Milliarden EUR Umsatz erzielt. Diese Zahl soll bis ins Jahr 2022 bereits auf circa 160 Milliarden EUR ansteigen. In drei Jahren wird laut aktuellen Prognosen darüber hinaus mit einem weiteren Anstieg auf 228 Milliarden EUR gerechnet – ein Plus von gut 43 %.
Um sich anhand von Zahlen mal das Ausmaß des gesamten Problems rund um diese schreckliche Krankheit vor Augen zu führen, sind in der folgenden Grafik die blanken Fallzahlen von 2020 und die erwarteten Zahlen für 2040 dargestellt.

Als Grund für dieses starke Wachstum wird angegeben, dass nach der Corona-Pandemie der Fokus wieder mehr auf dem Schutz von Patienten vor Krebs gelegt wird. Die Vorsorgeuntersuchungen wurden während der Pandemie stark vernachlässigt. Das Thema Krebs wird von staatlicher Seite zudem mehr in den Mittelpunkt gerückt. Letztlich wächst zudem auch der Bedarf an personalisierter Medizin, wovon auch Biontech mittelfristig profitieren könnte.
Charttechnik

Der Kurs von Biontech brach nach Abflauen der Pandemie vom zwischenzeitlichen Höchststand bei etwa 460 USD um gut 70 % auf mittlerweile 138 USD ein und befindet sich somit aktuell am unteren Ende der Handelsspanne zwischen 138 USD und 146 USD, in der sich der Kurs seit Mitte Januar befindet.
Sollte diese Spanne nach oben verlassen werden, müsste der Kurs noch die 50- und die 200-Tagelinie (SMA50 und SMA200 – Stand 21. Februar, 21 Uhr) im Bereich 150 USD überwinden. Ein nachhaltiger Befreiungsschlag würde allerdings erst bei einem dauerhaften Ausbruch über 175 USD erfolgen.
Die weitere Kursentwicklung hängt neben der allgemeinen Marktstimmung entscheidend davon ab, wie sich der Newsflow rund um die Versuchsreihen zu den Präparaten des Unternehmens entwickelt. Sollten die Studien zu den Krebsimpfstoffen vielversprechende Ergebnisse liefern und der Grippeimpfstoff erhält eine baldige Zulassung, könnte sich auch das Chartbild wieder deutlich aufhellen. Dann wären vermutlich auch recht schnell Kurse deutlich über 175 USD möglich.
Kurzfristig könnte der Ausbruch aus der Handelsspanne der letzten vier Wochen über 146 USD eine Trading-Chance mit Stop unterhalb der 138 USD-Marke bieten. Wer es bei dem ohnehin schwankungsanfälligen Papier noch riskanter mag, der könnte folgendes Turbo-KO-Zertifikat der HSBC verwenden: TT4EG9. Als erstes Ziel könnte die Zone um 160 USD dienen. Sollte sich das Nachrichtenumfeld hier positiv entwickeln, würde ich versuchen die Hälfte der Position bis jenseits der 175 USD zu halten. Doch aktuell gilt meiner Meinung nach: Kein Handlungsbedarf!
Fazit
Die Aktie von Biontech hat nach Corona wie so viele weitere Titel massiv an Wert verloren. Die objektiven Zahlen in Bezug auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV – 9,2) sind nach wie vor günstig, da auch dieses Jahr noch viel Umsatz mit den Corona-Impfstoffen erzielt wird. Diese Umsätzen müssten für eine nachhaltige Erholung des Aktienkurses allerdings durch weitere Impfstoffe auf mRNA-Basis erweitert werden. Der Grippeimpfstoff könnte bald erste Umsätze generieren. Wer das Papier des Mainzer Unternehmens allerdings langfristig hält, wettet auf die gut gefüllte Pipeline gegen Krebs. Sollten die Unternehmenschefs Ugur Sahin und Özlem Türeci hier ähnlich erfolgreich sein, wie mit dem Corona-Impfstoff, dann liegt eine rosige Zukunft vor dem Unternehmen. Für mich ein spannender Titel fürs spekulative Langfristdepot.
Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte
Der Autor ist im besprochenen Wertpapier bzw. Basiswert zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse investiert.
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