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Vonovia-Manager im Interview: Ist die Dividende in Gefahr?

Der deutsche Immobilienmarkt steht vor der größten Bewährungsprobe seit langer Zeit. In vielen Regionen der Welt und auch in Deutschland stagnieren die Immobilienpreise oder sinken sogar. Auch Investoren halten sich aufgrund steigender Hypothekenzinsen mehr und mehr vom Immobilienmarkt fern. Eine Lockerung der Zinspolitik ist aktuell nicht in Sicht. Zudem haben Mieter massive Probleme aufgrund der steigenden Mietkosten, aber auch wegen der hohen Energie- und Lebenshaltungskosten.

In dieser Gemengelage und mit einer hohen Schuldenlast nach der Übernahme der Deutschen Wohnen muss das Management von Vonovia den Konzern durch schweres Fahrwasser manövrieren.

Der Konzern hat nach der Übernahme der Deutschen Wohnen einiges zu tun.

Es freut uns, dass sich Rene Hofmann – Leiter Investor Relations bei Vonovia – für ein Interview zur Verfügung gestellt hat. In unserem Interview haben wir unter anderem über die Schuldenlast und die zukünftige Dividendenpolitik von Vonovia gesprochen. Viel Spaß beim Lesen!

Rene Hofmann – Head of Investor Relations bei Vonovia

Herr Hofmann, Vonovia hat wie auch andere Immobilienkonzerne aktuell mit den steigenden Zinsen zu kämpfen. Sie hatten zuletzt angekündigt, Immobilien im Wert von circa 13 Milliarden EUR verkaufen zu wollen. Müssen Sie bei diesen Verkäufen bereits Abschläge auf den Bilanzwert der Immobilien in Kauf nehmen und ist die Nachfrage nach diesen Objekten noch ausreichend vorhanden?

Die geplanten Verkäufe beinhalten sehr unterschiedliche Produkte und sprechen demzufolge auch sehr unterschiedliche Käufer an. Da ist zum einen unser etabliertes Segment Recurring Sales, in dem wir einzelne Wohnungen verkaufen, mit einem Gesamtvermögen von 5,5 Milliarden EUR. Dazu kommen mit unserem Non-core-Bestand und dem neu geschaffenen MFH-Verkaufsportfolio zwei weitere Vertriebskanäle, in denen wir sehr unterschiedliche Bestände verkaufen. Der Immobilienwert liegt hier bei rund 7,5 Milliarden EUR. Weiterhin haben wir ein Gewerbeimmobilienportfolio in Höhe von etwa einer Milliarde EUR. Die Deutsche Wohnen, an der wir rund 88 % halten, hat verlautbart, dass sie ihr Pflegesegment zum Verkauf anbietet. Hier reden wir über einen Portfoliowert von 1,2 Milliarden EUR. Und zu guter Letzt haben wir angekündigt, dass wir für zwei Teilportfolien in Schweden und Süddeutschland strategische Partner in Form von Co-Investoren suchen. Diese Bestände sind mit ca. 11 Milliarden EUR bewertet.

Wie hoch schätzen Sie die Kosten ein, die auf Vonovia in den kommenden Jahren im Bereich Modernisierung zukommen werden?

Wir haben uns zu einem verbindlichen Klimapfad verpflichtet und wollen bis zum Jahr 2045 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand erreichen. Wir gehen davon aus, dass wir dafür einen dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr investieren werden, der übrigens einen wesentlichen Teil unseres Wachstums ausmacht.

Sanierungsobjekt von Vonovia in Bochum

Interessant war kürzlich auch unser Interview mit dem Head of Investor Relations der Deutschen Post DHL Group: Deutsche Post im Interview: Wir erwarten das beste Ergebnis aller Zeiten

Am 14. November 2022 erhielt Ihr Unternehmen einen unbesicherten Kredit der EIB (Europäische Investitionsbank) zur Gebäudemodernisierung. Der Zins liegt laut Ihrer Pressemitteilung unterhalb dessen, was Sie aktuell für alternative besicherte Zinssätze hätten aufwenden müssen. Was bedeutet dieser unbesicherte Kredit (keine Sicherheiten hinterlegt) genau und zu welchem Zinssatz haben Sie dieses Darlehen bekommen?

Durch steigende Baukosten und Zinsen haben sich die Rahmenbedingungen für Investitionen deutlich verändert. Um unsere nachhaltige Investitionsstrategie weiter erfolgreich verfolgen zu können, bedarf es attraktiver Konditionen bei der Finanzierung, insbesondere, um die bereits angesprochenen Klimaziele zu erreichen und unseren Klimapfad bis zum Jahr 2045 umzusetzen. Hier ist die EIB der richtige Partner und wir freuen uns über diese attraktive Möglichkeit, unser mehrjähriges energetisches Gebäudemodernisierungsprogramm mit Hilfe dieses Darlehens umsetzen zu können.

Den genauen Zinssatz können wir leider nicht veröffentlichen.

Rechnen Sie mit einem drastischen Rückgang der Immobilienpreise und könnte dadurch die Zahlungsfähigkeit ihres Unternehmens bedroht sein, da man im schlimmsten Fall die zu zahlenden Verbindlichkeiten nicht mehr so einfach durch Verkäufe aus dem Bestand decken kann?

Der deutsche Immobilienmarkt ist langfristig finanziert und damit robust aufgestellt. Kurzfristige Spekulationen sind im Gegensatz zu vielen anderen Ländern eher unüblich. Zudem sehen wir nach wie vor eine weiterhin steigende Nachfrage nach unserem Produkt, bezahlbarem Wohnraum, bei gleichzeitig sinkendem Angebot. Wohnraum ist ein äußerst knappes Gut, zu dem es eigentlich keine Alternative gibt. Vor diesem Hintergrund rechnen wir mit keinen massiven Preiskorrekturen.

Mehrfamilienhaus von Vonovia in Castrop Rauxel

Mit TAG Immobilien hat sich kürzlich ein Unternehmen aus dem Immobiliensektor dazu entschieden, die Dividende zu streichen. Wäre das nicht ein notwendiger Schritt, um die Zahlungsfähigkeit von Vonovia zu erhalten und steht dies somit auch Ihren Aktionären noch bevor?

Seit unserem Börsengang im Jahr 2013 verfolgen wir eine unveränderte Dividendenpolitik und schütten ca. 70% des Group FFO als Dividende an die Aktionäre aus. Eine Dividendenpolitik sollte sowohl in guten als auch weniger guten Zeiten tragfähig sein und wir haben uns stets dazu bekannt.

Zugleich steht die Entscheidung des konkreten Dividendenvorschlags für das laufende Jahr ja erst im März des kommenden Jahres an. Wir sind gut beraten, bis dahin alle Daten- und Marktinformationen zu berücksichtigen und der Hauptversammlung dann einen konkreten Vorschlag zu unterbreiten.

Marina Tower Wien 2 – Ist die Dividende ähnlich zukunftssicher wie dieses Projekt?

Haben Sie durch die aktuell schwierige Finanzlage in den unteren Gesellschaftsschichten einen Anstieg an zahlungsunfähigen Mietern festgestellt? Falls ja: Wie geht Vonovia mit diesen Kunden um?

Grundsätzlich haben wir mit unseren Kunden stets Lösungen finden können, und auch in Zeiten stark steigender Energiepreise setzen wir auf den Dialog mit Mietern. Das gilt insbesondere in den Fällen, in denen Mieter Zahlungsschwierigkeiten haben. Das haben wir bereits in Corona-Zeiten nachhaltig unter Beweis gestellt. Nicht zuletzt mit Hilfe unseres Härtefallmanagements stehen wir unseren Mietern zur Seite und bemühen uns um tragfähige Lösungen. Ein wesentliches finanzielles Risiko für unser Geschäft sehen wir nicht.

Nochmals vielen Dank für das Interview.

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