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Lars Weigand in Marktüberblick

20.05.2023 10:03

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Schuldenobergrenze – droht den USA die Zahlungsunfähigkeit?

Es ist wie immer an der Börse: Nachdem eine Meldung oder ein größeres Problem lange genug diskutiert wurde, oder es endlich aus dem Weg geräumt ist, da wird auch schon “die nächste Sau durchs Dorf getrieben”. Wenn man aktuell überhaupt davon sprechen kann, dass die Märkte von etwas belastet werden, dann vom Streit um die Schuldenobergrenze in den USA und die damit einhergehende Frage, ob den Vereinigten Staaten wirklich die Zahlungsunfähigkeit drohen könnte.

In der letzten Woche konnte von schlechter Stimmung an den Märkten allerdings nicht die Rede sein. Der deutsche Leitindex Dax erreichte ein neues Allzeithoch und auch die amerikanischen Leitindizes konnten deutlich profitieren.

In Bezug auf die Schuldenobergrenze läuft den USA allerdings die Zeit davon. Nach Berechnungen von Experten geht den Vereinigten Staaten irgendwann um den 8. oder 9. Juni das Geld aus und es droht die Zahlungsunfähigkeit. Das Finanzministerium hatte sogar bereits davon gesprochen, am 1. Juni die Schulden nicht mehr tilgen zu können. Wird es wirklich so weit kommen?

Die Schuldenobergrenze in den USA

Um was geht es hier überhaupt? Die Schuldenobergrenze in den USA bestimmt, wie viel Geld der amerikanische Staat ausgeben kann oder genauer gesagt, wie viele Schulden das Finanzministerium aufnehmen darf, um die Staatsausgaben zu finanzieren. Dies ist der Fall, da die Ausgaben der USA die Einnahmen deutlich übertreffen. Die aktuelle Schuldenobergrenze liegt bei 31,4 Billionen USD. Und dieses Budget ist Anfang Juni wie beschrieben aufgebraucht.

Die Geschichte der Schuldenobergrenze geht bis ins Jahr 1917 zurück. Damals mussten neue Schulden aufgenommen werden, um den 1. Weltkrieg finanzieren zu können. Seit diesem Jahr wurde die Schuldenobergrenze fast in jedem Jahr zwischenzeitlich ausgesetzt oder schließlich angehoben.

Es kam in der Vergangenheit noch nie dazu, dass dieser notwendige Schritt, die Schuldengrenze anzuheben oder diese auszusetzen, nicht gegangen wurde. Lediglich im Jahr 1979 kam es zu einem kurzen formalen Fehler, der schnell egalisiert werden konnte. Und so ist auch in diesem Jahr grundsätzlich damit zu rechnen, dass die Schuldenobergrenze ausgesetzt oder angehoben wird. Denn weder Republikaner noch die Demokraten unter Präsident Joe Biden haben ein ernsthaftes Interesse, ihr Land in die Zahlungsunfähigkeit zu steuern.

Also kein Grund zur Sorge? Nicht ganz, denn im Jahr 2011 kam es bereits dazu, dass sich die beiden Parteien bis kurz vor dem Tag der Zahlungsunfähigkeit nicht einigen konnten. Daraufhin hatte die Rating-Agentur S&P die Bonität der USA abgestuft, was zu einem Rückgang des S&P 500 um knapp 19 % geführt hatte. Denn im Falle einer Zahlungsunfähigkeit könnten die USA ihre Staatsanleihen nicht mehr bedienen und somit würde die Wahrscheinlichkeit von weiter steigenden Zinsen und einer tiefen Rezession deutlich zunehmen.

Abbruch der Gespräche am Freitag

Am gestrigen Freitag, den 19. Mai 2023, haben die Republikaner die Gespräche mit den Vertretern der Demokraten überraschend nach nur einer Stunde abgebrochen, nachdem zuvor immer wieder die Rede von konstruktiven Gesprächen war. Da jedoch beiden Parteien klar zu sein scheint, dass es im Sinne der USA zu einer Einigung kommen muss, kehrten die Republikaner im Laufe des Abends an den Verhandlungstisch zurück.

Die US-Regierung hatte am Rande des G7-Gipfels im japanischen Hiroshima mitgeteilt, es gäbe “ernsthafte Differenzen”, Präsident Joe Biden sei aber nach wie vor zuversichtlich, dass es zu einer Einigung kommen werde. Der US-Präsident verkündete zudem, er werde den zweiten Teil seiner Reise nach Australien und Papua-Neuguinea nicht antreten, um schnell wieder bei den Verhandlungen in den USA anwesend sein zu können.

Die Fronten scheinen nach wie vor verhärtet zu sein. Während die Republikaner auf massive Ausgabenkürzungen von bis zu 8 % drängen, beharrt Joe Biden darauf, die Staatsausgaben mindestens auf Vorjahresniveau zu belassen. Die von den Demokraten verabschiedeten Förderprogramme, allen voran der Inflation Reduction Act, können mit Ausgabenkürzungen vermutlich nicht so umgesetzt werden, wie bislang geplant. Die US-Regierung sprach davon, man müsse massive Einsparungen im Bereich der Bildung und der Strafverfolgung vornehmen, sollten die von den Republikanern geforderten Ausgabenkürzungen umgesetzt werden.

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Worauf müssen wir uns einstellen?

Dass es zur vollständigen Zahlungsunfähigkeit in den USA kommen könnte, ist sehr unwahrscheinlich. Wie beschrieben, ist sowohl den Demokraten als auch den Republikaner durchaus bewusst, was es für die USA bedeuten würde, wenn sie zu keiner Einigung gelangen. Für die Oppositionspartei ist der Streit um die Schuldenobergrenze aber Jahr für Jahr eine willkommene Möglichkeit, eigene Forderungen an die Regierung durchzusetzen. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die Republikaner leichtfertig von ihren Forderungen abrücken.

Entscheidend könnte für die Aktienmärkte insbesondere der Zeitpunkt der Einigung sein. Das Jahr 2011 hat uns bereits gezeigt, dass selbst eine verspätete Einigung zu massiven Kursrückgängen führen kann, da den USA in so einem Fall ein weiterer Bonitätsverlust droht. Dies gilt es die nächsten Tage zu beobachten und darauf zu hoffen, dass sich Demokraten und Republikaner bald einigen. Sollte es noch bis in den Juni dauern, bis eine Einigung erzielt werden kann, dann besser jetzt schon Helme auf!

Auch lesenswert ist unser Artikel über den Rebound bei Siemens Energy.

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