Blogartikelbild Kurzanalyse hGears
Profilbild Dominik Maier

Dominik Maier

27.05.2021 15:04

Geschätzte Lesezeit: 8 Minute(n)

Kurzanalyse hGears

Erfolgreicher Börsenstart für den E-Mobility Getriebeteile-Hersteller hGears aus Baden-Württemberg. Mit einem ersten Kurs von 27,50 EUR übertraf man den Ausgabepreis von 26 EUR um knapp 6 %, jedoch gab die Aktie im weiteren Verlauf einen Teil der Startgewinne wieder ab und notierte bei 26,70 EUR. Mit dem Börsengang nahm das Unternehmen 62 Millionen EUR ein und die Altaktionäre von der Beteiligungsgesellschaft Finantem ganze 112 Millionen EUR. Was genau steckt hinter hGears? Wie groß sind die Chancen? Und was sind die Risiken?

(Tabelle selbst erstellt)

Unternehmenshistorie 

Das Unternehmen hGears ist durch die Übernahmen von der Herzog GmbH und mG miniGears durch die Beteiligungsgesellschaft Finatem im Jahr 2015 entstanden. Doch was genau hat die Herzog GmbH und mG miniGears vor der Übernahme gemacht? 

Die Herzog GmbH, gegründet im Jahr 1958, ist einer der führenden Hersteller von Präzisionsdrehteilen, Getriebebausätzen und komplexen Systemlösungen. 1986 begann der Bau des Firmengebäudes in Schramberg-Sulgen und zeitgleich der Einstieg in die Bereiche Getriebeentwicklung und Produktion. 12 Jahre später begann die Produktion von kompletten Getrieben und 2011 kam dann die Übernahme durch Finatem. 

mG miniGears, gegründet im Jahr 1976, ist eines der wenigen Unternehmen weltweit, das traditionelle Stahlbearbeitung mit Metallpulvertechnologie verbindet und hat im Laufe der Jahre eine beachtliche Position bei der Herstellung von Getrieben und Bauteilen erlangt. 1986 fand die Einführung des Sinterns (ein Verfahren zur Herstellung oder Veränderung von Werkstoffen) in der Pulvermetall-Produktionstechnik statt. In den folgenden Jahren erhielt das Unternehmen viele ISO-Zertifizierungen (ein weltweit anerkannter Standard, der Anforderungen an ein wirksames Qualitätsmanagement in einem Unternehmen definiert), woraufhin 2003 das erste chinesische Werk eröffnet wurde. 2007 wurde das Unternehmen durch Carrara übernommen und 7 Jahre später schließlich durch Finatem.  

2015 war die Gründung von hGears vollkommen. Mittlerweile hat das Unternehmen einen Hauptsitz in Schramberg, Deutschland mit 330 Mitarbeitern und 2 weiteren Sitzen in Padova, Italien mit 300 Mitarbeitern und in Suzhou, China mit 200 Mitarbeitern. Folgend ein Bild zur Unternehmensstruktur.

¹

hGears hat sich zum Ziel gesetzt, weltweit die Nr. 1 für erstklassige Präzisionsgetriebe und-komponenten für E-Mobility-Anwendungen zu sein. Der Vorteil? Nutzung von 60 Jahren ausgeprägtem Know-how und Erfahrung in der Anwendung von E-Antrieben, um den Markt für E-Mobilität zu bedienen und ein nachhaltiges profitables Wachstum durch überlegene Technik, Qualität, Kundenservice und Mitarbeiter zu erzielen.  

Geschäftsführung 

Pierluca Sartorello, CEO seit 2015, wurde 1956 geboren. Das Studium wurde an der Universität Padua in internationalen Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen und sein Executive MBA wurde an der CUOA Business School in Vicenza, Italien abgeschlossen. Im Jahr 1983 trat Herr Sartorello in die Carrara Group ein, wo er in verschiedenen Positionen, primär im Bereich Business Development, tätig war. Im Jahr 2009 wechselte Sartorello dann zu miniGears als Strategic Marketing Director für 2 Jahre, um dann von 2011 bis 2013 als Director des Geschäftsbereichs Power Tool & Gardening und General Manager von miniGears in Suzhou, China zu arbeiten. Von 2013 bis 2014 war Sartorello als Managing Director von miniGears SpA tätig, um dann von 2015 bis heute als CEO von hGears zu agieren.  

Geschäftsmodell 

Die Geschäftsbereiche von hGears teilen sich in 3 Sektoren auf: E-Mobilität, E-Werkzeuge und andere Automobil- und Industrieanwendungen, welche bei dem Unternehmen „Conventional“ genannt werden.  

E-Mobility 

Der Fokus für diesen Geschäftsbereich liegt auf Produkten für E-Bike-Getriebesysteme und Antriebsstränge für Elektro- und Hybridfahrzeuge. Es umfasst hierbei die (Mit-)Entwicklung und Herstellung von Komponenten für E-Antriebsanwendungen wie beispielsweise Antriebs- und Kurbelwellen und Zahnräder. Es wird vor allem auf Qualitätsexzellenz, Geräuschlosigkeit, Vibrationsfreiheit und geringes Gewicht geachtet, um den Voraussetzungen in dieser Branche gerecht zu werden. 

²

Die gesamte Produktgalerie findet man unter der angegebenen Quelle zum Bild. 

E-Tools 

Der Fokus für E-Tools (E-Werkzeuge) liegt auf Komponenten, welche im Antriebsmechanismus von batteriebetriebenen kabellosen Elektro- und Gartenwerkzeugen verwendet werden. Dieser Bereich umfasst die Herstellung von Präzisionskomponenten, die in dem Teil des Getriebes verwendet werden, der den Elektromotor mit dem Werkzeugteil (Schneider, Trimmer) verbindet. hGears genießt heute den Ruf eines Marktführers in diesem Segment, das einen strategischen Zukunftsmarkt für das Unternehmen darstellt.

³

Die gesamte Produktgalerie ist auch hier unter der angebenden Quelle zum Bild zu finden. 

Conventional 

Der Fokus für Conventional liegt vor allem auf Getrieben für verschiedene Anwendungen, wie Rolltore, Systeme für Heizungen, Lüftung und Klimatechnik, Motorräder und nichtmotorenbezogene Präzisionsteile für Premium- und Luxusfahrzeuge. Bei den herkömmlichen Getriebeanwendungen fokussiert sich dieser Bereich auf Antriebs-, Lenk- und Bremssysteme und die Karosserie des Fahrzeugs, sowie andere industrielle Anwendungen.  

Die wichtigsten Rohstoffe für die Herstellung von hGears Produkten sind bearbeiteter Stahl (z. B. Rohlinge und Stäbe) und Pulverstahl. Manchmal bezieht das Unternehmen jedoch auch gefertigte Einzelteile (z. B. Getriebe und Schrauben), um diese in Teilsysteme und vollständige Systeme einzubauen. 

Kundenstamm 

Zum Kundenstamm von hGears gehören eine Reihe großer Zulieferer, die Systeme zum maßgeschneiderten Einbau in Endprodukte entwickeln, darunter Bosch und Schaeffler, sowie Erstausrüster wie z. B. Stihl, Makita und Hilti. hGears beliefert viele seiner wichtigsten Kunden bereits seit über 15 Jahren, was für eine erstklassige Qualität und hohe Kundenzufriedenheit spricht. 

Es wird jedoch in den meisten Fällen mit den Kunden in Co-Development-Prozessen zusammengearbeitet, um Komponenten zu entwickeln und technologisch optimale Lösungen zu finden, die den Spezifikationen des Kunden gerecht werden. Dieser Prozess ist besonders für Hersteller von E-Bikes, sowie Elektro- und Hybridfahrzeugen wichtig, da die Anforderungen an besonderen Teilen mit höheren Qualitäts- und Präzisionsanforderungen einhergehen und somit oft maßgeschneiderte Lösungen erfordern.  

Wichtige Kennzahlen 

Die in der Tabelle angegebenen Zahlen beziehen sich alle auf den EUR Kurs, außer bei der Umsatz- und Ertragsrendite. 

(Tabelle selbst erstellt)

Der Umsatz stagniert mehr oder weniger seit 3 Jahren, wobei sich der Gewinn, das EBITDA und der Free Cashflow erheblich verbessern konnte. Das KUV bei einer Marktkapitalisierung von 279,8 Millionen EUR und einem Umsatz von 126,26 Millionen EUR aus dem Jahr 2020 beträgt 2,22 und das KGV bei einem Gewinn von 6,71 Millionen EUR beträgt 41,69. Das Unternehmen hat außerdem Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente zum Ende des Berichtszeitraums in Höhe von 23,43 Millionen EUR und Gesamtverbindlichkeiten in Höhe von 95,68 Millionen EUR.  

Am 26. Mai 2021 hat hGears Zahlen für das 1. Quartal geliefert. Der Konzernumsatz lag bei 36,6 Millionen EUR, einer Steigerung von 11,6 % gegenüber dem Vorjahreswert. Der Bruttogewinn ist im Vergleich zum Vorjahresquartal um 15,5 % auf 21,6 Millionen EUR gestiegen und die Bruttomarge lag bei 59 %. Die bereinigte EBITDA-Marge betrug 19,8 % und so lag das bereinigte EBITDA bei 7,3 Millionen EUR, einer Steigerung von 34,4 % gegenüber dem Vorjahreswert.  

Der Vorstand bestätigt, dass das Unternehmen auf dem richtigen Weg ist, den Ausblick für das Geschäftsjahr 2021 zu erfüllen. Es soll ein zweistelliges Umsatzwachstum im Geschäftsfeld E-Mobility und ein einstelliges Wachstum im Geschäftsfeld e-Tools erzielt werden. hGears wird sich weiterhin auf den Geschäftsbereich E-Mobility konzentrieren, wo das Unternehmen aktiv im Gespräch mit mehreren potenziellen Neukunden, sowohl für E-Bike, als auch für Elektro- und Hybridfahrzeugprojekte ist.  

Marktchancen 

Die Kernvertriebsregion von hGears ist Europa, eine der am schnellsten wachsenden und größten Regionen für Präzisionskomponenten mit einem Marktwert von 1,1 Milliarden EUR, was einen Anteil von 27,3 % am gesamten globalen Markt im Geschäftsjahr zum 31. Dezember 2020 entspricht. Es wird erwartet, dass die europäischen Verkaufsmengen von Elektro- und Hybridfahrzeugen mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 43 % p. a. zwischen 2018 und 2025 wächst. E-Achsen von Elektro- und Hybridfahrzeugen enthalten hochpräzise Komponenten, wodurch die Nachfrage stetig steigt. Der Markt für E-Bikes mit Mittelantriebsmotoren und Pedalassistenten, welcher in Europa besonders verbreitet ist und hochpräzise Komponenten erfordert, wird voraussichtlich bei einer CAGR von 22 % p. a. zwischen 2019 und 2025 wachsen. In 2020 wurden in Europa geschätzte 4,6 Millionen E-Bikes verkauft, worunter rund 2 Millionen die Komponenten von hGears enthielten.  

The trend is your friend 

Globale Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels treiben die Nachfrage nach grüner Mobilität voran und fördern die Entwicklung von Elektro- und Hybridfahrzeugen, sowie E-Bikes. Alternative Transportmittel wie E-Bikes werden zudem immer beliebter, da die Verbraucher zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Reduzierung ihres CO2-Fußabdrucks Partei ergreifen möchten. E-Bikes tragen auch zu einem gesünderen Lebensstil bei und sind für Fahrer attraktiv, die bisher möglicherweise nicht über das Radfahren nachgedacht haben. Ein weiterer Punkt der für E-Bikes spricht, ist die zunehmende Verstädterung und die Besorgnis über den Verkehrsstatus, wodurch Verbraucher nach alternativen Transportmethoden, wie E-Bikes, suchen. hGears profitiert dadurch, da das wachsende Interesse an E-Bikes die Nachfrage an hochpräzisen Bauteilen, die für ihre Konstruktion verwendet werden, erhöht. 

Die fortschreitende Industrialisierung und die zunehmenden Bautätigkeiten, insbesondere in Schwellenländern wie Indien, China und Brasilien aufgrund der Kommerzialisierung und der Entwicklung der Infrastruktur, tragen zu einer steigenden Nachfrage nach Elektrowerkzeugen mit elektronischem Antrieb bei. Die Akku-Fähigkeit und das reduzierte Gewicht, die den Komfort und die Bequemlichkeit für den Benutzer erhöhen, tragen zu einer steigenden Nachfrage nach Elektrowerkzeugen bei. Darüber hinaus erhöhen hohe Arbeitskosten die Nachfrage nach effizienten Elektrowerkzeugen, da die Aktivitäten schneller ausgeführt werden können, wodurch die manuelle Arbeitsbelastung und die Fehlerwahrscheinlichkeit verringert werden.  

Regierungsinitiativen zur Förderung des Baus umweltfreundlicherer öffentlicher Räume in städtischen Gebieten tragen zum Wachstum des Marktes für Gartengeräte bei, da die zunehmenden Aktivitäten im Wohnungsbau und die zunehmende Verstädterung, einschließlich eines Trends zu städtischen Gärten, grüneren öffentlichen Räumen und einer Verlagerung hin zu nachhaltigeren Städten die Nachfrage erhöht. 

Risiken 

Trotz der großartigen Marktchancen birgt das Unternehmen auch einige Risiken mit sich: 

In den relevanten Absatzmärkten, insbesondere im Marktsegment für Anwendungen der E-Antriebstechnik, sieht sich hGears Wettbewerb ausgesetzt, welcher sich in der Folgezeit intensivieren und niedrigere Verkaufszahlen als erwartet zur Folge haben könnte. 

Unterbrechungen in der Lieferkette der wichtigsten Kunden von hGears könnten negative Auswirkungen auf das Geschäft haben und durch die begrenzte Anzahl an Großkunden ist das Unternehmen abhängig von diesen, wodurch sich ein Verlust dieser oder eine ungünstige Veränderung der vertraglichen Geschäftsbedingungen erheblich negativ auf die Geschäftstätigkeit auswirken könnte. 

Zudem könnte ein unerwarteter Preisanstieg für Stahl und andere Materialien, die hGears für die Produktion ihrer Produkte benötigt, zu Preissteigerungen führen, die sich nicht auf die Kunden von hGears abwälzen lassen und anderweitig durch andere Kostenersparnisprogramme ausgeglichen werden müssen.  

hGears ist außerdem von ihrer Fähigkeit abhängig, sich an verändernde Technologien und neue Trends anzupassen und weiter neue Produkte zu entwickeln, welche hohe Investitionen erfordern könnten, die möglicherweise nicht zu den erwarteten Ergebnissen führen. 

Fazit 

hGears operiert in einem schnell wachsenden Markt, indem es Präzisionskomponenten und Getriebe im Bereich E-Mobility und E-Tools herstellt und eine, laut hGears, marktführende Position einnimmt. Durch die globalen Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels ist das Unternehmen bestens für die Zukunft positioniert. Jedoch sollte man sich den Risiken von zu großer Abhängigkeit von Großkunden und hohen Investitionen um wettbewerbsfähig zu bleiben, bewusst sein. Außerdem ist hGears mit einem KGV von 41,69 für das Geschäftsjahr 2020 durchaus sportlich bewertet. Das Unternehmen konnte jedoch den Gewinn, das EBITDA und den Free Cashflow in den letzten Jahren erheblich verbessern und sollte das Umsatzwachstum aus dem 1. Quartal 2021 anhalten, verbunden mit einer gleichbleibenden EBITDA-Marge, könnte das Unternehmen alle bisherigen Rekorde brechen.

Quellen:

¹ Bildquelle: https://hgears.com/de/unternehmen/geschaftsfuhrung/

² Bildquelle: https://hgears.com/de/market/edrives/emobility/                                                       

³ Bildquelle:  https://hgears.com/de/market/edrives/etools/elektrowerkzeuge/

https://finatem.com

https://www.certqua.de/web/de/zertifizierungen/haupt_zertifizierungen/qm-zertifizierung_iso_9001.php

https://hgears.com/de/unternehmen/grundung-des-unternehmens/

https://www.finanzen.net/nachricht/aktien/neuemission-hgears-boersengang-hgears-aktie-punktet-beim-debuet-auf-dem-parkett-10149701

https://ir.hgears.com/wp-content/uploads/hGears-Securities-Prospectus-7-May-2021.pdf

http://mobile.dgap.de/dgap/News/corporate/hgears-konzernquartalsabschluss-fuer-starkes-zweistelliges-wachstum-den-ersten-drei-monaten/?newsID=1448912 

Loading...
KI-Durchbruch und massives Wachstum – Aktie langfristig interessant

Die Rede ist von einem kleinen deutschen Vermögensverwalter, der ehemaligen Lloyd Fonds AG, die mittlerweile in die Laiqon AG umfirmiert wurde. Die einzelne Bedeutung der neu festgelegten Buchstabenkombination kann auf der Website des Unternehmens nochmal...

Energiekontor: Gut aufgestellt für eine windige Zukunft

Ausgelöst von starken Zahlen einiger Unternehmen aus dem Sektor laufen die Aktien im Bereich der regenerativen Energien seit vergangener Woche wieder erfreulich. Auch in dieser Woche gesellten sich u.a. SFC Energy, Encavis und Energiekontor mit guten...

Perlen aus dem DAX: Deutsche Post

Angefangen hat alles vor über 500 Jahren, mit lokalen Poststationen, die mehr waren als nur die Geburtsstunde des neuzeitlichen Postwesens. Denn seit ihrem ersten Erscheinen um 1490, waren die Poststationen Treffpunkt, Gasthaus, Herberge, Tausch- und...

Profilbild stock3
12.04.2023 12:53
Cannabis-Legalisierung in Deutschland soll kommen

Gesundheitsminister Lauterbach hat die Pläne am heutigen Tage vorgestellt. Aufgrund von EU-Bedenken soll die Legalisierung allerdings nur in kleinen Schritten erfolgen. So soll es Modellregionen geben, wo der legale Verkauf von Cannabis unter verschiedenen...