Blogartikelbild JPMorgan – der große Gewinner des SVB-Desasters?

JPMorgan – der große Gewinner des SVB-Desasters?

Die Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) hat bei vielen US-Amerikanern Panik ausgelöst. Wie die Nachrichtenagentur Reuters in dieser Woche mitteilte, werden große Finanzinstitute wie JPMorgan Chase, die Citigroup oder die Bank of America zurzeit mit Anfragen von Neukunden geradezu überschüttet. In vermeintlich unsicheren Zeiten wollen viele Kunden ihr Geld lieber nicht bei regionalen Banken parken, sondern bei den Großbanken, denn diese gelten als – wie es so schön heißt – “too big to fail”. Nach Ansicht eines Analysten der Bank Wells Fargo gehe vor allem JPMorgan als Gewinner aus dem SVB-Desaster hervor.

Aktienverlinkung: US46625H1005

Goliath gewinnt

Analyst Mike Mayo hat JPMorgan von “equal weight” auf “overweight” hochgestuft und sein Kursziel von 148 USD auf 155 USD angehoben. Dies bedeutet ein Aufwärtspotenzial von rund 20 %. “JPM verkörpert unser Motto ‘Goliath is Winning’, von dem in diesen unsicheren Zeiten sowohl die Offensive – Gewinne von Marktanteilen – als auch die Defensive – mehr Diversifizierung – profitieren sollten”, begründete der Analyst. JPMorgan habe Marktanteile in allen relevanten Geschäftsbereichen gewonnen, seine Geschäfte optimiert und konstante Gewinne erzielt. Überdies sei die Bilanz des Finanzinstituts eine “Festung”. Immer dann, wenn andere Banken kriseln, würde sich JPMorgan behaupten.

Mayo erhöhte die Schätzungen für den Gewinn pro Aktie für 2023 um 11 % auf 12,90 USD und für den Gewinn pro Aktie 2024 und 2025 um jeweils 2 %. Dadurch erhöhen sich die Gewinnschätzungen pro Aktie für 2024 auf 13,30 USD und für 2025 auf 14,66 USD.

JPMorgan ist eine Cashmaschine

Dass man JPMorgan als “too big to fail” bezeichnet, ergibt sich vor allem aus dem gewaltigen Cashbestand: JPM verfügt über Barmittel (und Äquivalente) in Höhe von 540,5 Milliarden USD. Demnach ist das Ausfallrisiko sehr gering. Die nach Assets größte Bank der USA hat Gesamteinlagen im Wert von 2,34 Billionen USD. Davon entfallen 1,13 Billionen USD auf den Geschäftsbereich Consumer & Community Banking. Die unversicherten Einlagen belaufen sich auf 137,9 Milliarden USD, was knapp 6 % der Gesamteinlagen ausmacht und somit kein großes Risiko darstellt.

Auch die jüngsten Quartalszahlen des US-Finanzkonzerns vom 13. Januar sind gut ausgefallen, die Analystenerwartungen konnten geschlagen werden. Diese gingen von einem Gewinn je Aktie in der Höhe von 3,10 USD aus, erreicht wurden aber 3,57 USD. Auch der Umsatz lag mit 34,55 Milliarden USD leicht über den Erwartungen. Die Gewinne im Handel mit Anleihen, Aktien, Devisen und Zinsen lagen allerdings leicht unter den Erwartungen.

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Ein Vergleich mit der SVB

Ende 2022 verfügte die Silicon Valley Bank über ein materielles Stammkapital von rund 11,8 Milliarden USD. Die nicht realisierten Verluste im Portfolio der zur Veräußerung verfügbaren Anleihen – also Anleihen, welche die SVB vor der Fälligkeit veräußern will – betrugen rund 2,5 Milliarden USD. In der Zwischenzeit beliefen sich die Verluste aus Anleihen, die bis zur Fälligkeit gehalten werden, auf ca. 15,1 Milliarden USD, sodass die Bank praktisch zahlungsunfähig war.

Über solch ein Szenario kann JPMorgan nur müde lächeln. Die Großbank könnte alle Verluste in ihren Anleiheportfolios – Ende 2022 waren es rund 48 Milliarden USD – problemlos decken. Die Cashquote (Bargeld in % des Vermögens) der Bank ist mit 15,5 % im Branchenvergleich sehr hoch. Selbst die Bank of America hat “nur” eine 7,5 %-ige Cashquote, die Silicon Valley Bank 6,5 % (ebenfalls Ende 2022).

Auch interessant: Silicon Valley Bank – Die Entwicklungen im Überblick

Ist die Aktie von JPMorgan jetzt kaufenswert?

JPMorgan ist gut positioniert, sowohl im Hier und Jetzt als auch für die Zukunft. Die Bank ist unglaublich liquide, ihr Geschäftsmodell und somit ihre Umsätze deutlich diversifizierter als bei der Silicon Valley Bank. Das langfristige Chartbild ist bullish, dazu ist die Dividendenrendite von aktuell ca. 3,8 % attraktiv. Mit einem KGV(e) von 8,8 für 2023 ist JPMorgan allerdings im Branchenvergleich nicht besonders günstig.

Die Pleite der SVB hat den Aktienkurs der größten US-amerikanischen Bank um ca. 7 % abrutschen lassen – kein gewaltiger Dip, aber ein Rücksetzer, den man durchaus als Kaufchance nutzen kann, um eine erste Position aufzubauen oder seine bestehende Position aufzustocken. Einen Grund zur FOMO gibt es auf dem aktuellen Niveau allerdings nicht. Nicht zuletzt, weil das makroökonomische Umfeld weiterhin angespannt ist.

Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte

Der Autor ist im besprochenen Wertpapier bzw. Basiswert zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert. Transparenzhinweis: Die im Artikel vorgestellten Derivate werden durch die Redaktion ausgesucht. Wir arbeiten aber mit ausgewählten Emittenten zusammen, die mit der Goldesel Trading & Investing GmbH in einer Geschäftsbeziehung stehen. Bitte beachten Sie: Der Handel mit Derivaten ist mit einem erheblichen Risiko verbunden und kann unter Umständen zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen.

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