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Interview: CEO der RATIONAL AG Stadelmann über Wachstum, Dividende und KI

Ich denke mal, Sie werden hinsichtlich finanzieller Stabilität nur wenige Unternehmen finden, die vergleichbar aufgestellt sind – und das nach der größten Krise für unsere Branche seit jeher.

CEO der Rational AG Dr. Stadelmann im Interview mit der Goldesel Redaktion

Das ist die Rational AG

Bei der Rational AG handelt es sich nach Unternehmensangaben um den Markt- und Technologieführer für die thermische Zubereitung von Speisen in Profiküchen. Der weltweite Marktanteil liegt bei 50 %. Die Oberbayern bieten ihren Kunden zum Beispiel auch Fernwartung an. Mit einem Umsatzanteil von 71 % sind die Kochsystemen allerdings Spitzenreiter. Die weiteren 29 % verteilen sich auf Zubehör, Pflegemittel den Kundenservice und Ersatzteile.

Das Unternehmen wurde 1973 gegründete und beschäftigt rund 2.400 Mitarbeiter. Hiervon arbeiten rund 1.400 in Deutschland. Seit dem Börsengang im Jahr 2000 ist die Rational AG im Prime Standard der Deutschen Börse gelistet und heute im MDAX vertreten.

Oberstes Ziel des Unternehmens ist es, seinen Kunden stets den höchstmöglichen Nutzen zu bieten. Der Fokus liegt bewusst nicht auf der Maximierung von Umsatz oder Gewinn. Diese Faktoren sind nach der Philosophie des Unternehmens das Ergebnis aus dieser nutzenorientierten Arbeit.

Das Hauptprodukt von Rational ist der im Mai 2020 neu eingeführte iCombi Pro, ein Combi-Dämpfer mit intelligenten Garpfaden. Damit wird Wärme durch Dampf und Heißluft übertragen. Die Software steuert den Garpfad selbstständig, bis das Wunschergebnis erreicht ist. Er ersetzt herkömmliche Gargeräte wie Grill, Herd oder Backofen. Als Komplementärprodukt bietet Rational den ebenfalls 2020 neu eingeführten iVario an. Dieser kocht mit Kontakthitze oder in Flüssigkeit und kann weitere traditionelle Gargeräte wie Fritteusen, Kessel oder Kippbratpfannen ersetzen.

Die Umsatzverteilung des Unternehmens sieht wie folgt aus:

Quelle: selbst erstellt

Im Interview mit Goldesel.de spricht Dr. Peter Stadelmann, CEO der Rational AG, über die Wachstumschancen, Dividende und Künstliche Intelligenz.

Unser Interview mit Rational-CEO Dr. Peter Stadelmann

1. Herr Dr. Stadelmann, wenige Branchen haben durch die Corona-Krise so gelitten wie die Gastronomie. Wenn ich privat nun in Restaurants unterwegs bin, scheint es mir aber so, als sei nun wirklich alles wieder wie vor der Pandemie. Würden Sie sagen, dass sich die Branche nun vollends von der Krise erholt hat, oder spüren Sie bei Ihren Kunden nach wie vor Zurückhaltung?

Dr. Peter Stadelmann ist der CEO der Rational AG.

Von der Coronakrise hat sich die Branche wieder erholt. Nicht zuletzt haben die staatlichen Unterstützungspakete der Gastronomie geholfen, diese schwierige Zeit zu überstehen. Aktuell kämpft die Branche vielerorts mit den deutlich gestiegen Energiepreisen und dem zunehmenden Fachkräftemangel. Dies führt einerseits zu einer Zurückhaltung, bietet uns aber anderseits auch Chancen. Mit der hohen Energieeffizienz unserer Kochsysteme und der intelligenten Garprozesse bieten wir unseren Kunden die besten Lösungen dafür.

2. Bei der Veröffentlichung der Ad-hoc-Meldung im Januar konnten Sie beeindruckende vorläufige Zahlen berichten. Die Umsätze stiegen um 31 % auf 1,022 Millionen EUR, die EBIT-Marge liegt für das Gesamtjahr aktuell bei 23 %. Wird es Ihnen 2023 überhaupt möglich sein, diese Vorjahresvergleiche zu übertreffen?

Die Wachstumsrate beim Umsatz wieder zu erreichen wird schwierig, weil in 2022 außergewöhnliche Nachholeffekte nach Lieferengpässen und Preiserhöhungen mit zu den 31 % beigetragen haben. Für die Steuerung unseres Unternehmens schauen wir nicht auf die kurzfristige Entwicklung, sondern auf das mittel- und langfristige Potenzial. Mittel- und langfristig sehen wir ein riesiges offenes Potenzial von 4,8 Millionen Küchen, von denen erst rund 25 % mit Combi-Dämpfern kochen. Beim iVario stehen wir erst am Anfang der Markterschließung. Kurzfristig etwas stürmischere Marktbedingungen können wir ungefährdet abwettern.

3. Der operative Cashflow lag in den ersten neun Monaten bei 114,9 Millionen EUR. Über die Dividende haben sie allerdings auch 113,7 Millionen EUR ausgeschüttet. Ist die Höhe der Dividende dauerhaft zu halten oder gefährdet die hohe Ausschüttung irgendwann die finanzielle Stabilität des Unternehmens?

Wir schütten in der Regel rund 70 % des Jahresüberschusses aus. In der Coronakrise haben wir die Dividende aus Sicherheitsgründen reduziert. Für das Geschäftsjahr 2021 haben wir die reduzierte Ausschüttung von 2020 teilweise kompensiert. Unsere Eigenkapitalquote stand zum Jahresende 2022 trotzdem bei rund 75 %, die Liquidität war mit über 300 Millionen Euro nahe dem Rekordniveau und 2023 werden wir unsere letzten Bankschulden tilgen. Ich denke mal, Sie werden hinsichtlich finanzieller Stabilität nur wenige Unternehmen finden, die vergleichbar aufgestellt sind – und das nach der größten Krise für unsere Branche seit jeher.

4. In der Grafik ihrer Umsatzverteilung ist zu erkennen, dass über 50 % der Umsätze in Europa erzielt werden. Liegt das zukünftige Potential in Amerika, Asien und im Rest der Welt?

Europa bzw. Deutschland war die Keimzelle der Combi-Dämpfer-Technologie und unser Gründer Siegfried Meister hat von Landsberg am Lech aus Schritt für Schritt die umliegenden europäischen Märkte bedient. 1992 haben wir in Japan unsere erste Überseetochter gegründet. D.h. die Überseemärkte haben rund 30 Jahre Aufholpotenzial in der Vermarktung. Deshalb haben wir dort eine deutlich geringere Marktdurchdringung und der Anteil an unseren Umsatzerlösen ist niedriger. Durch die überdurchschnittlichen Wachstumsraten haben sich die Anteile aber schon deutlich erhöht. Die USA sind mit einem Umsatzanteil von 17 % inzwischen klar unser größter Einzelmarkt, vor Deutschland mit 12 %. Die USA und China werden auch in den kommenden Jahren unsere Haupt-Wachstumsmärkte sein.

5. Können Sie uns ihre Vertriebsstrategie an zwei Beispielen, sagen wir Nordamerika und dem Rest der Welt erklären? Gibt es hier regionale Unterschiede?

Unser Ziel ist es, Kunden persönlich von unseren Kochsystemen zu begeistern. Deshalb laden wir diese zu sogenannten RATIONAL-Live-Seminaren ein und die Kunden kochen gemeinsam mit unseren Köchen über mehrere Stunden. Dann bestellen die Kunden über Ihren Händler die Produkte bei uns. Dieses „Straßengeschäft“ ist der Hauptteil unseres Umsatzes. Zusätzlich bedienen wir Kettenkunden in gemeinsamen Projekten, wo gemeinsam an der Optimierung der Speisekarte mit unseren Kochsystemen geforscht und gearbeitet wird. Hierfür haben wir spezielle Key-Account-Berater in den Vertriebsgesellschaften, die zumeist aus der betreuten Branche kommen. In den USA und China haben wir aufgrund des besonders großen Anteils an Kettenkunden eigene Key-Account-Teams.

6. Sehen sie trotz des bereits hohen Umsatzanteils noch Chancen in Europa und Deutschland weiter zu wachsen?

Auch in stark durchdrungenen Märkten wie Deutschland oder Skandinavien wachsen wir weiter, auch wenn dort schon ein großer Anteil der Köche mit Combi-Dämpfern kocht. Durch unsere verbesserte Garperformance und neue Optionen brauchen Kunden vermehrt auch mal einen zweiten oder dritten iCombi oder neue Kundengruppen wie Supermärkte nutzen unsere Technologie z.B. zum Backen. Der iVario steht noch am Anfang und hat auch in Europa noch sehr großes Potenzial. Dazu kommt das sogenannte Nichtgerätegeschäft mit Zubehör, Ersatzteilen und Pflegeprodukten. Es macht über ein Viertel des Gesamtumsatzes aus und wird umso bedeutender, je größer die installierte Basis ist. Deshalb sehen wir auch in diesen Märkten sehr gutes Wachstumspotenzial.

7. Können Sie etwas zur historischen Umsatzentwicklung in diesen Regionen sagen? Welche Regionen konnten sich in den letzten Jahren besonders stark entwickeln?

In den letzten Jahren haben sich insbesondere Nordamerika und China als starke Wachstumsmärkte hervorgetan. Bei China müssen wir hier das Jahr 2022 ausblenden, da dies durch die sehr harte Zero-Covid-Politik besonders belastet war. Aber in den Jahren zuvor war China einer der Märkte mit den größten Wachstumsraten. In Summe sind wir im Umsatz in den letzten 7 Jahren in Europa um rund 7 % p.a. gewachsen, in Asien um rund 9 % und in Amerika sogar um fast 15 %.

8. Mit iCombi und iVario ist man technologisch nach eigenen Angaben bereits Weltmarktführer. Was kann in den Küchen dieser Welt in Zukunft noch weiter verbessert werden? Oder ist man hier irgendwann am Ende angelangt?

Rational AG Pressebilder: iCombi

Die Küchenwelt entwickelt sich insgesamt weniger dynamisch, als man dies aus anderen Branchen kennt. Aber auch in der Profiküche halten moderne Technologien immer mehr Einzug. Ich denke mal unsere intelligenten Gartechnologien sind hier gute Beispiele. Aber auch die Vernetzung in der Küche wird ein immer größeres Thema. Hier helfen wir mit ConnectedCooking. Das ist unsere Vernetzungslösung die insbesondere Kunden mit einer großen Anzahl an Standorten hilft, diese perfekt zu managen. Aber auch für kleinere Kunden bietet ConnectedCooking viele Vorteile wie z.B. die Einbindung des Service-Technikers in das Netzwerk, um bei Störungen eine Fernwartung durchzuführen oder schnell mit den passenden Ersatzteilen vor Ort zu sein. Außerdem sind die Energieverbrauchswerte 2022 neu in das Dashboard hinzugekommen. Damit haben die Nutzer die Energieverbräuche ihrer RATIONAL Combi-Dämpfer im Blick und können Einsparungspotenziale aufdecken.

9. Wie kann man sich ihren Bereich Forschung und Entwicklung vorstellen? Beschäftigen sie sich mit Künstlicher Intelligenz?

Künstliche Intelligenz gibt es bei uns seit 2004 – damals haben wir das SelfCookingCenter eingeführt. Es konnte – so wie der iCombi Pro heute – selbständig kochen und zuverlässig ein Wunschgarergebnis liefern. Neben der Verbesserung der Hardware der Geräte versuchen wir die Software für die Garintelligenz auf immer mehr Speisen auszuweiten, um damit immer mehr Kunden weltweit ansprechen zu können. Hierzu wird in unseren Labors viel gekocht, verkostet und dann getestet, für welches Land ein Garergebnis am besten passt. Mithilfe der Software, die die Garintelligenz ermöglicht, kann dann auch ein ungelernter Bediener zuverlässig ein perfektes Gericht zubereiten.

Rational AG Pressebilder: Erweiterung von Werk 3

10. In ihrem Unternehmensprofil ist mehrfach der Begriff der Ghost Kitchens zu lesen. Würden Sie uns zum Abschluss erklären, was es damit auf sich hat?

Bei Ghost Kitchens sind Restaurant und Küchen entkoppelt, das heißt die Küche ist z.B. in einem Container im Industriegebiet untergebracht. Von da werden Gerichte nach Hause oder in ein Restaurant geliefert. Dabei kann diese Küche auch gleich mehrere Restaurants oder Lieferdienste gleichzeitig beliefern. Es gibt auch Organisationen die ausschließlich für den Lieferservice kochen. Für diese Kunden ist unsere Technologie ideal. Dort können unsere Kochsystem ihre Stärken voll ausspielen, denn große Mengen und eine breite Vielfalt an Speisen bei oft ungelerntem Küchenpersonal sind die idealen Einsatzbedingungen.

Vielen Dank für ihre Zeit.

Charttechnik

Der Chart der Rational Aktie von stock3

Die Aktie der Rational AG konnte sich von einem zwischenzeitlichen Tief bei 400 EUR auf mittlerweile wieder 600 EUR erholen. Hier kämpft der Kurs aktuell noch darum, ob die 50-Tagelinie gehalten werden kann (SMA50 in gelb). Im Bereich der 550 EUR-Marke würde sich gen Süden der nächste Unterstützungsbereich befinden.
Sollte der SMA50 halten und das Marktumfeld weiter eher freundlich bleiben, könnte der Kurs bis zum Zwischenhoch aus dem Juli 2019 bzw. 2022 bei circa 700 EUR laufen.

Wer spekulativer unterwegs ist und auf einen Anstieg in Richtung 700 EUR setzen möchte, der könnte das Turbo-KO.-Zertifikat der HSBC, WKN: HG2Q3N (3er Hebel), nutzen.

Fazit

Für mich ist ein Investment in die Rational AG eines der grundsolidesten Investments, das man in Deutschland finden kann. Ein Weltmarktführer mit durch und durch solider Bilanz und einer Unternehmensführung, die es seit Jahren versteht, ganz nebenbei einen enormen Mehrwert für die Aktionäre zu schaffen. Auch nach diesem Interview mit Dr. Stadelmann bin ich nach wie vor von meinem Investment überzeugt. Das aktuelle Niveau könnte die Chance bieten, eine erste langfristige Position zu eröffnen. Ich traue dem Unternehmen zu, in naher Zukunft auch das Allzeithoch bei über 950 EUR wieder hinter sich zu lassen.

Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte

Der Autor ist im besprochenen Wertpapier bzw. Basiswert zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse investiert. Transparenzhinweis: Die im Artikel vorgestellten Derivate werden durch die Redaktion ausgesucht. Wir arbeiten aber mit ausgewählten Emittenten zusammen, die mit der Goldesel Trading & Investing GmbH in einer Geschäftsbeziehung stehen. Bitte beachten Sie: Der Handel mit Derivaten ist mit einem erheblichen Risiko verbunden und kann unter Umständen zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen.

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