Blogartikelbild BioNTech und Moderna – Was folgt auf den mRNA-Hype nach der Pandemie?
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BioNTech und Moderna – Was folgt auf den mRNA-Hype nach der Pandemie?

Im Zuge der Corona-Pandemie katapultierte die Hoffnung auf die schnellste Impfstoffentwicklung die Aktienkurse von BioNTech und Moderna in blasenartige Höhen. Beide Unternehmen forschen jeweils schon seit mehr als zehn Jahren an der Entwicklung von Arzneimitteln auf der Basis von Messenger-RNA (mRNA). Tatsächlich gelang mit dem mRNA-basierten Impfstoff Comirnaty aus dem Hause BioNTech/Pfizer der Durchbruch bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Moderna zog mit dem Impfstoff Spikevax nach. Anfang 2023 ist die Pandemie vielerorts aus den Köpfen und die Aktien von BioNTech und Moderna aus vielen Depots verschwunden. Doch wie geht es bei den beiden Unternehmen weiter?

Durch die Corona-Pandemie in die Profitabilität

BioNTech wurde bereits im Jahr 2008 gegründet und ging erst 2019 an der Nasdaq an die Börse (Ticker: BNTX). Die Gründung von Moderna war im Jahr 2010 und der Börsengang an der Nasdaq im Jahr 2018 (Ticker: MRNA). Der Blick in die Geschäftsberichte von 2020 zeigt, dass BioNTech und Moderna vor der Erfindung des Impfstoffs kein einziges Produkt verkauft hatten und eher niedrige dreistellige Millionenumsätze auswiesen, beispielsweise aus Forschungszuschüssen. Operativ wurden bei beiden Unternehmen deutliche Verluste verbucht.

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Die Verkäufe der Corona-Impfstoffe sind deutlich in der Umsatzentwicklung von BioNTech und Moderna sichtbar (eigene Darstellung).

Infolge der Impfstoffzulassung explodierte bei BioNTech der Umsatz von 482 Millionen EUR im Jahr 2020 auf 18,98 Milliarden EUR im Jahr 2021. Das Ergebnis je Aktie lag 2020 noch bei 0,06 EUR / Aktie und 2021 bei 42,18 EUR / Aktie. Bei Moderna zeigte sich das gleiche Bild: Der Umsatz 2020 lag bei 803 Millionen USD und 2021 bei 18,47 Milliarden USD. Das Ergebnis je Aktie sprang von einem Verlust von 1,96 USD / Aktie im Jahr 2020 auf einen Gewinn von 30,31 USD / Aktie im Jahr 2021. Infolge der Gewinne aus den Impfstoffverkäufen sind beide Unternehmen schuldenfrei. In den aktuellen Quartalsberichten wiesen BioNTech und Moderna einen Cashbestand von rund 13 Milliarden EUR bzw. 17 Milliarden USD aus.

Exkurs über die Zulassung von Wirkstoffen

Durch umfangreiche Screenings werden zunächst von mehreren tausend Substanzen im Schnitt zehn vielversprechende Substanzen ausgewählt. Mit diesen beginnen klinische Studien. In der Regel sind dies drei bis vier Phasen, welche sich nach Umfang der Probanden unterscheiden. Zuerst werden die Wirkstoffe in Tierversuchen und anschließend in Menschenversuchen getestet. Erst wenn ein Wirkstoff effektiv und sicher genug ist, wird er zugelassen.

Durchschnittlich werden im ersten Screening 5.000 bis 10.000 Substanzen untersucht, wobei am Ende im Schnitt für nur etwa eine Substanz ein Zulassungsantrag gestellt wird. Die Zulassung erfolgt rund 14 Jahre nach dem Beginn der Forschung (Quelle: Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V.).

Nur ein Impfstoff aus der BioNTech-Pipeline in Phase 3

Der mRNA-basierte Impfstoff Comirnaty ist bisher das einzige Produkt aus der Pipeline von BioNTech, welches Marktreife erlangt hat. Daneben befindet sich nur noch ein ebenfalls mRNA-basierter Grippe-Impfstoff in der klinischen Phase 3 und ist damit am nächsten an der Zulassung dran.

Abgesehen vom Einsatz der mRNA-basierten Impfstoffe bei Viruserkrankungen, forscht BioNTech schwerpunktmäßig an Impfstoffen gegen Krebserkrankungen. Hier sind mRNA-basierte Impfstoffe gegen bestimmte Typen von Hautkrebs, Kopf-Hals-Krebs und Darmkrebs bereits in klinischen Studien der Phase 2. In der gleichen Studienphase befindet sich ein Wirkstoff aus dem Bereich der Antikörpertherapie bei einer bestimmten Art von Lungenkrebs.

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Nur ein Wirkstoff aus der Pipeline von BioNTech befindet sich in der klinischen Phase 3 (Quelle: BioNTech, 3rd Quarter 2022 Financial Results & Corporate Update).
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Die weitere Pipeline von BioNTech (Quelle: BioNTech, 3rd Quarter 2022 Financial Results & Corporate Update).

Moderna mit mehreren Medikamenten in Phase-3-Studien

Auch bei Moderna ist der Corona-Impfstoff Spikevax das einzige marktreife Produkt. Moderna beschränkt sich ausschließlich auf die Erforschung mRNA-basierter Wirkstoffe. In den klinischen Phase-3-Studien befinden sich ein Impfstoff gegen Grippe, das Zytomegalievirus und das RS-Virus.

In der klinischen Phase 2 befinden sich Impfstoffe gegen das Zika-Virus und bestimmte Typen von Hautkrebs. Darüber hinaus befinden sich Wirkstoffe in dieser Phase, die bei Herzleiden und angeborenen Stoffwechselerkrankungen eingesetzt werden. 

Die letzten positiven News zur Pipeline kamen am 13. Dezember 2022 hinsichtlich einem Wirkstoff zur Therapie von Melanompatienten, den Moderna zusammen mit Merck entwickelt. In diesem Jahr wollen Moderna und Merck eine klinische Studie der Phase 3 beginnen.

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Die Wirkstoffe von Moderna sind alle mRNA-basiert (Quelle: Moderna, Third Quarter 2022 Financial Results).
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Moderna hat drei Wirkstoffe in Phase-3-Studien (Quelle: Moderna, Third Quarter 2022 Financial Results).

Tradingszenarien zu BioNTech und Moderna

Der Kurs von BioNTech markierte im August 2021 mit ca. 460 USD sein ATH und verlor danach innerhalb von 10 Monaten rund 75 % an Wert. Seit März 2022 bewegt sich der Kurs seitwärts in einem Korridor zwischen 117 USD und rund 188 USD. Im Bereich 188 bis 200 USD liegt eine Down-Gap als Widerstand, an welchem der Kurs bisher viermal gescheitert ist. Mitte Dezember prallte der Kurs letztmalig an einem Kreuzwiderstand aus dem Down-Gap und der fallenden Trendlinie nach unten ab. Die 200-Tage-Linie wurde anstandslos nach unten durchbrochen.

Auch im Goldesel Trading-Hauptkanal wurde BioNTech heute erwähnt. 

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Diskussion zu möglichen Kursbewegungen bei BioNTech im Discord-Chat bei Goldesel-Premium.

Momentan versucht sich der Kurs im Bereich des 61,8er-Fib-Retracements der letzten Aufwärtsbewegung zu stabilisieren. Erst mit Überschreiten der Marke von 200 USD könnte sich das Gesamtbild aufhellen. Insgesamt sieht der Chart eher unfreundlich aus und lädt zum Abwarten ein.

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Der Kurs von BioNTech bewegt sich seit März 2022 seitwärts und macht aktuell keinen sehr bullishen Eindruck.

Der Kursverlauf von Moderna bildet die Korrekturbewegung von BioNTech fast spiegelbildlich ab. Vom ATH bei rund 498 USD, im August 2021, verlor der Kurs rund 77 % und markierte bei 115 USD das bisherige Zwischentief. Im Bereich um 187 – 194 USD befindet sich eine Widerstandszone, die bisher zweimal erfolglos getestet und Mitte Dezember kurzzeitig überschritten wurde. Danach prallte der Kurs bei 218 USD nach unten ab und nahm an der 50-Tage-Linie bei 175 USD wieder Fahrt auf. Aktuell markiert der Kurs bei 195 USD erneut über dem Widerstandsbereich, sodass der kurzfristige Aufwärtstrend weiterhin intakt ist. Ein Überschreiten des Widerstandsbereichs bei 217 USD wäre ein äußerst bullishes Signal. Fällt der Kurs wieder unter die 187 USD-Marke, ist Vorsicht geboten.

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Der Kurs von Moderna liegt aktuell über der Range der Seitwärtsbewegung seit März. So lange der Kurs in diesem Bereich bleibt, sieht das Chartbild konstruktiv aus.

Fazit

Das operative Geschäft von beiden Unternehmen wird aktuell noch gänzlich durch die Verkäufe von Corona-Impfstoffen bestimmt. Ein “zweites Standbein” hat bisher weder BioNTech noch Moderna. Gleichzeitig sind beide Unternehmen nun so solide finanziert, dass wahrscheinlich auf Sicht von drei bis fünf Jahren kein neues Kapital beschafft werden muss, um die Forschung zu finanzieren.

Mit Blick auf die Pipeline wirkt Moderna besser aufgestellt. Aktuell hat Moderna drei, wahrscheinlich ab diesem Jahr vier Wirkstoffe, die in der klinischen Phase 3 erprobt werden. Demgegenüber steht ein Grippe-Impfstoff auf Seiten von BioNTech in Phase 3. Zum Vergleich: ein “herkömmliches” Biotech-Unternehmen wie Amgen (Ticker: AMGN) hat aktuell über 20 Wirkstoffe in Phase-3-Studien und mehr als 10 Wirkstoffe in Phase-2-Studien.

Die vermeintlich bessere Position von Moderna scheint sich im Chartbild widerzuspiegeln. BioNTech läuft seit rund 10 Monaten seitwärts und jeglicher Ausbruchsversuch ist gescheitert. Bei Moderna sorgten Mitte Dezember 2022 positive News zu einem Wirkstoff für einen kurzen Schub über die obere Begrenzung der Seitwärtsbewegung. Nach einem kurzen Abtauchen zurück in die Range, markiert der Kurs aktuell wieder oberhalb und hält die Chance für eine Fortsetzung der kurzfristigen Aufwärtsbewegung offen.

Der Artikel ist keine Aufforderung zum Kauf und/oder Verkauf der Aktie. Es handelt sich hierbei um eine journalistische Arbeit. Der Autor hält zum aktuellen Zeitpunkt keine Position in der Aktie.

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